Ein anderer Irak:
Wer ihn will, muss die Wirklichkeit des Ba'th-Regimes kennen,
und wer die kennt, will einen anderen Irak.
Der deutsche Exportweltmeister als Todeshändler
Hans Branscheidt
»Für die Leute in Deutschland ist Giftgas
eine ganz furchtbare Sache, Kunden im Ausland stört das nicht.«
Dieter Backfisch, Geschäftsführer der Firma Karl Kolb
1986 ist es soweit: Die bundesdeutsche Wirtschaft ist der Welt
größter Exporteur, nimmt vor den USA und Japan den ersten Platz im
Welthandel ein. In den achtziger Jahren ereignete sich die
entscheidende Wende, die deutschen Exporte nähern sich den
US-amerikanischen. 1987 erzielte dann die BRD-Wirtschaft mit
Exporten im Wert von 527 Milliarden Mark erstmals die
Spitzenposition im Welthandel und einen Weltmarktanteil von zwölf
Prozent.
Damit hatte die Bundesrepublik die NS-Wirtschaft, deren
Weltmarktanteil auf ihrem Höhepunkt im Jahr 1937 bei neun Prozent
lag, weit übertroffen. Die lange Phase des inneren Wiederaufbaus der
BRD mit ihren großartigen Möglichkeiten der Kapitalakkumulation
schien erschöpft. Ein wachsender Teil des eingesetzten Kapitals wird
nun im Export und im Rüstungssektor angelegt, dessen staatliche
Forderung die Sicherheit auf langfristig hohe Profite garantierte,
die im Außenhandel zu realisieren waren. Die Geburtsstunde der
deutschen Todeshändler schlagt in einer Bundesrepublik, deren
oberstes wirtschaftliches Credo lautet, daß jeder Export erlaubt
ist.
Nur die Ausfuhr von Rüstung und sensibler Elektronik, Nuklear- und
Chemietechnologie muß extra genehmigt werden. Die Exportphilosophie
des Konkurrenten USA lautete genau umgekehrt: »Alle Exporte, die
nicht erlaubt worden sind, sind grundsätzlich verboten«. 1
Zwar war die deutsche Verbotsliste umfangreich, aber die Praxis galt
als äußerst liberal: Die jährlich 75.000 Anträge beim Bundesamt für
Wirtschaft (Eschborn) wurden von weniger als 70 Beschäftigten
bearbeitet. Der Kommentar zum Außenwirtschaftsgesetz stellte fest,
dieses sei »im Zweifelsfall zugunsten des Freiheitsprinzips«
auszulegen. Klarer formuliert noch wurde die gängige Praxis in einer
Äußerung von Gerhard Mertins, einem der Erfahrensten der
Waffenexportbranche: »Der größte Rüstungshändler, den wir im Moment
haben, ist der verantwortliche Regierungschef, der aber geschickte
Täuschungen gutheißt«2.
Gemeint war Helmut Schmidt (SPD). Offenbar um unnötige
Aufmerksamkeit zu vermeiden, ließ die Bundesregierung 1987 erklären,
daß »Angaben zu Rüstungsexporten nur ein begrenztes Maß an
Publizität« ertragen würden.
Staatssekretär von Wartenberg, heute im Bundesverband der Deutschen
Industrie schon wieder für das Irak-Geschäft tätig, erklärte dem
Bundestag sogar ausdrücklich, »die Veröffentlichung von
Ausfuhrwerten nach Empfängerländern kommt nicht in Betracht«.
Entsprechend weigerte sich die Bundesregierung prinzipiell, genauere
Statistiken über die Ausfuhr von Waffen zu veröffentlichen.
Der diskrete Kunde Saddam Hussein
Am 22. September 1980 marschierten irakische Truppen in den Iran
ein und eröffneten damit den achtjährigen Golfkrieg. Im Juni 1988
kam es zu einem Waffenstillstand, der den kriegerischen
Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten ein Ende setzte -
nicht jedoch dem fortwährenden Krieg des Irak gegen Teile der
eigenen Bevölkerung. In diese Zeit fällt eine ganze Serie von
Gasangriffen der irakischen Armee gegen den iranischen Kriegsgegner
und gegen die kurdische Bevölkerung im Irak. Zum ersten Mal nach dem
Zweiten Weltkrieg wurde Giftgas in großem Maßstab eingesetzt,
an dessen Entwicklung und Produktion deutsche Unternehmen maßgeblich
beteiligt waren. Im späten Kriegsjahr 1988 wird der Benutzung dieser
Massenvernichtungswaffe eine schlachtentscheidende Rolle
zugesprochen. In der gesamten Periode 1980-1988 imporierten die
kriegführenden Gegner Iran und Irak Waren im Wert von über 220
Milliarden Dollar. Die wichtigsten Handelspartner sind die
EG-Staaten und Japan. Im Fall des Irak lagen die Exporteinnahmen im
selben Zeitraum bei 84,8 Milliarden und die Ausgaben für die Importe
bei 93,3 Milliarden Dollar. Fast sämtliche der westlichen
Industrienationen waren am Aufbau der gigantischen
Rüstungsproduktion des Irak beteiligt. Dazu kamen beträchtliche
Rüstungshilfen der Sowjetunion und auch aus der DDR. Als
ausreichendes Argument galten die »Interessen am Golf« und die
geostrategischen Gründe in Zusammenhang mit dem irakisch-iranischen
Krieg.
In westlichen Kreisen war von einem grandiosen
Petro-Dollar-Recycling die Rede, ein Zyklus, der den Lieferanten ein
Millionen-Dollar-Business versprach: Der Irak kaufte Waffen gegen
Dollars, um die Dollar-Mittel zu realisieren, verkaufte der Irak Öl,
die Dollars blieben gleich im Westen, während im Nahen Osten die
eingekauften Waffen im Krieg planmäßig vernichtet wurden -woraufhin
erneut gekauft und geliefert werden konnte. Ein profitables System,
dessen lukrative Endlosspirale von den USA sogar wunschgemäß
gesteuert werden konnte, indem man mal den Irakern, mal den Iranern
die eigenen Satellitenerkenntnisse über den Stand der militärischen
Positionen der jeweiligen anderen Seite zur Verfügung stellte.
Gegen Ende des Jahres 1980 warf die iranische Regierung dem Irak
erstmals den Einsatz von Giftgas vor. Laut SIPRI, dem schwedischen
Forschungsinstitut für die internationale Rüstungssituation, ist es
allein in den Jahren 1980 bis 1984 cirka 133 Mal zu Giftgaseinsätzen
des Irak gegen iranische Truppen gekommen. Für die Zeit ab 1984 sind
solche Massenvernichtungsaktionen von den Vereinten Nationen
nachgewiesen. Die irakische Führung setzte ungeachtet dessen den
chemietoxischen Krieg fort und potenzierte diesen 1986, so daß am
21. März 1986 der UN-Sicherheitsrat den Irak erstmals direkt
verurteilte: »Zutiefst besorgt über die übereinstimmende
Feststellung der Sachverständigen, daß irakische Streitkräfte bei
vielen Gelegenheiten ... chemische Waffen gegen iranische
Streitkräfte eingesetzt haben, verurteilen die Mitglieder des Rats
mit Nachdruck diesen fortdauernden Einsatz chemischer Waffen, der in
flagranter Weise gegen das Genfer Protokoll von 1925 ... verstößt«.3
Der Irak selber gab mehrmals in zweideutigen Erklärungen diesen
Einsatz von chemischen Vernichtungswaffen und damit den Verstoß
gegen das Verbot der Anwendung von C-Waffen indirekt zu. Im Juli
1988 gestand der irakische Außenminister Tariq Aziz sogar offen,
chemische Kampfstoffe seien »von beiden Seiten« verwendet worden.
Geäußert wurde dies am geeigneten Ort einer Pressekonferenz in Bonn,
wo diese Mitteilung mit einer beachtlichen Gratifikation honoriert
wurde:
»Aus einer Hermes-Bürgschaft über 300 Millionen Mark, die im
letzten Jahr gewährt wurde ..., wurde ihm die letzte Rate«4
mit auf den Weg gegeben. Die irakische Kriegsindustrie sollte zwecks
Fortsetzung des blutigen Geschäfts spürbar entschuldet werden.
Unmittelbar nach der Rückkehr von Tariq Aziz aus Bonn wurde der
chemische Krieg gegen iranische Truppen ergänzt durch dieselbe Art
der Kriegsführung gegen die im Irak lebenden Kurden. Schon im April
1987 setzte die irakische Luftwaffe in den kurdischen Regionen
Dokan, Arbil und Suleymaniyah sowie gegen die Stadt Quara Dagh
Chemiewaffen ein. Im März 1988 wurde die kurdische Stadt Halabja
Opfer des bis dahin größten Giftgasangriffs seit dem Ersten
Weltkrieg. Zwischen fünf- und zehntausend Menschen starben
sofort, weitere starben an den langfristigen Folgen des
Nervengaseinsatzes.
Erst nach der Bombardierung Halabjas sowie nach massiven
iranischen, israelischen und amerikanischen Protesten bequemte sich
1989 die deutsche Bundesregierung den Bundestag über »den Stand der
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts illegaler
Ausfuhren von Ausrüstungsteilen zur Produktion chemischer
Kampfstoffe im Irak« zu unterrichten. Es handelte sich um einen
eineinhalbseitigen dürftigen »Zwischenbericht«. Er enthält in
zurückhaltender Formulierung einen verräterischen Satz, den sich die
unter Druck gesetzte Regierung abzuringen wußte: »Die
übereinstimmende Prognose der im Laufe des Verfahrens als Gutachter
in Betracht gezogenen Personen lautet auch nach erster Prüfung von
Unterlagen, ein Nachweis der Eignung der fraglichen Anlagen zur
Produktion der einschlägigen chemischen Kampfstoffe sei
höchstwahrscheinlich zu führen«.5
Noch im Mai 1988 hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert
Gansel auf seine Frage nach der Beteiligung deutscher Unternehmen am
Giftgaskrieg am Golf von Bundeswirtschaftsminister Bangemann (FDP)
zu hören bekommen: »Dazu liegen unserem Hause bisher keine konkreten
Erkenntnisse vor.« Jahrelang waren in diesem Tenor Parlament und
Öffentlichkeit der Bundesrepublik zum Narren gehalten worden - genau
so lange, wie es gebraucht hatte, den chemischen Handel unter Dach
und Fach zu bringen, - bis auch die letzte offene Rate bezahlt war.
Denn tatsächlich hat die Bundesregierung mindestens seit 1982/83
Hinweise von US-amerikanischen Stellen erhalten, daß der Irak mit
deutscher Hilfe Giftgas fertige oder bei der Anfertigung behilflich
sei. Im Frühjahr 1984 meldete die »New York Times«, daß zwei
deutsche Unternehmen, die Firmen Karl Kolb und die mit diesem
Unternehmen verbundene Pilot Plant aus Dreieich bei Frankfurt/Main,
Laboranlagen »für die Entwicklung von Schädlingsbekämpfungsmitteln«
geliefert hätten, die dem Irak zur Produktion von Giftgas dienten.
Gezwungenermaßen bestätigte Kolb/Pilot Plant den Export einer
»Versuchsanlage« in den Irak, die jedoch für die Konfektionierung
kriegstauglicher chemischer Stoffe »nicht in Frage« komme.
Während ab jetzt nach außen mit Wortkargheit oder knappen
Dementis reagiert wurde, entfaltete die Bundesregierung intern eine
gewisse nervöse Betriebsamkeit. Am 15. Mai 1984 kam es zu einer
Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, durch die fünf chemische
Vorprodukte für die Giftgasproduktion unter einen
Genehmigungsvorbehalt gestellt wurden. Kolb/Pilot Plant, die noch
einiges an massenvernichtungstauglicher Technologie auf Lager
hatten, zogen vor ein hessisches Gericht - und bekamen Recht. So
konnte auch noch eine finale Lieferung an den Irak durchgeführt
werden.
Die Geschichte der deutsch-irakischen Giftgasproduktion hatte
Anfang der achtziger Jahre nördlich von Bagdad, bei Samara, mit dem
Bau eines großen Chemiewerks begonnen. Nach offizieller Erklärung
der staatlichen irakischen Behörde SEPP (State Establishing for
Pesticides Production) sollten hier Pestizide zum »Schutz der
Dattelernte« entwickelt werden. Schon die Ausmaße und der
Gesamtcharakter der Anlage standen im Widerspruch zu solchen
Angaben: »40 Kilometer südlich von Samara haben die Irakis eine
Sperrzone in einem räumlichen Ausmaß von 160 Quadratkilometern
verordnet, wo nicht fotografiert werden durfte. In dieser Einöde
erkennt man ein isoliertes Netzwerk von 40 Kilometern Straßen und
Gebäuden«.6 Von deutscher Seite waren beim Bau dieser
Anlage eine große Anzahl von Unternehmen engagiert: Preussag für
die Wasseraufbereitung, Heriger für die Gebäude, Hammer
(Kleinostheim) für Klimaanlagen, Rhein-Bayern für Labors und
Spezial-LKW's und - neben noch anderen - Karl Kolb/Pilot Plant. Für
den Einkauf der sensiblen Module dieser gigantischen Einrichtung in
der Zeit einer kriegsbedingt niedergehenden Dattelkultivierung
wurden eigens europäische Consultings und Konsortien aufgebaut — vor
allem die in Hamburg ansässige Firma Water Engeneering Trading
(W.E.T). Dieses Unternehmen, an dem sowohl ein staatsoffizieller
Iraker wie auch deutsche Mitglieder des Bundesnachrichtendienstes
beteiligt waren, wurde nach getaner Arbeit aufgelöst. Für die
lieferbereiten deutschen Firmen hatte die gewählte
Transferkonstruktion den Vorteil, daß man nicht direkt an den Irak
liefern mußte, sondern einfach nur per Order an W.E.T. Man war so
bestens auf dem Laufenden und konnte doch behaupten, von nichts
etwas gewußt zu haben.
Daß von Pestiziden nur deklaratorisch die Rede war, ergibt sich
aus einer bezeichnenden Lieferung von Kolb/Pilot Plant: Exportiert
nach Samara wurde »eine Gaskammer, in der auch die Wirkung von
chemischen Kampfstoffen an Hunden und Katzen überprüft werden kann«.7
Aufschlußreich für den Geist mancher Lieferanten mag das Beispiel
der Firma Rhein-Bayern Fahrzeugbau sein, über dessen Eigentümer
Anton Eyerle der »Stern« berichtete: »Für Kunden aus dem Irak hat
Eyerle eine Überraschung vorbereitet. Aus einem alten Volksempfänger
dröhnen Originalreden von Adolf Hitler. Für Eyerle ... findet der
Kampf ums Vaterland in der Golfregion statt.« Allein Eyerles
Jahresumsatz aus diesen Geschäften lag bei etwa 30 Millionen Mark.
Dieselbe Ausgabe des »Stern« erwähnt auch eine besonders brisante
Lieferung: »Rhein-Bayern lieferte an die Karl Kolb - und die
wiederum an den Irak - >acht mobile toxikologische Labors<.«
Chemielabors in sandfarbenen Magirus-LKW's mit Klimaanlagen. Während
das liefernde Unternehmen die Gefährte als »normale chemische
Labors« bezeichnete, charakterisierte sie der C-Waffen-Experte
Adolf-Henning Frucht wie folgt: »Dieses Gerät ist hervorragend
geeignet, um taktische Gemische von verschiedenen chemischen
Kampfstoffen bestimmen zu können«.8
Neben der Großproduktion von kriegstauglichen toxischen Stoffen
in Samara entstand ab 1985 die zweitgrößte irakische
Giftgasfabrikation bei Falluja, südwestlich von Bagdad.
Auftragnehmer bei einem Volumen von 20 Millionen Mark war auch in
diesem Fall die Firma W.E.T, die zu diesem Zweck eine Lizenz des
französischen Konzerns Atochemie erworben und in gefälschten
Zertifikaten ihre Lieferungen für den angeblichen Export nach
Nigeria ausgewiesen hatte. Auch an der weiteren, drittgrößten
Giftgasfabrik in Salman Pak soll W.E.T. beteiligt gewesen sein. Ein
Auftrag, der nur deshalb nicht verwirklicht wurde, weil W.E.T. unter
dem Druck von beginnenden Ermittlungsverfahren die Arbeit einstellen
mußte.
Von »Sanktionen« gegen den Irak seitens der deutschen Regierung,
die gegen den Transfer von Anlagen zur Herstellung von chemischen
Waffen gerichtet gewesen wären, war nur im umgekehrten Sinn die
Rede:
12. April 1984: Frage MdB Gansel (SPD) an den Staatsminister Dr.
Mertens: »Würden Sie es für eine angemessene Reaktion halten — im
Interesse der Stellung der Bundesrepublik in der Weltöffentlichkeit
und im Interesse der Ächtung des Einsatzes chemischer Waffen -, wenn
die Bundesregierung den irakischen Flugzeugbauern und -piloten, die
sich zur Zeit in Ausbildung (vermittelt und NGO-mäßig betreut über
die Carl Duisberg Gesellschaft; d.Verf.) bei einem deutschen
Rüstungsunternehmen befinden, den Aufenthalt in der BRD untersagen
würde, bis sichergestellt ist, daß der Irak nicht wieder zum Einsatz
völkerrechtlich geächteter Waffen greift?«
Dr. Mertens: »Herr Kollege Gansel. Das wäre eine Sanktion. Ich
hielte sie nicht für angemessen.«9
Die deutsche Beteiligung am Aufbau der irakischen
Raketenproduktion
Ein weiteres militärisches Primärprojekt des Ba'th-Regi-mes wurde
unter dem Code SAAD 16 in der Nähe von Mossul errichtet und
fungierte als rüstungswirtschaftliches Forschungszentrum mit dem
Schwerpunkt Raketentechnologie. Die Treibsätze, die hier entwickelt
wurden, sollten Raketen mit großer Reichweite und dreifacher
Schallgeschwindigkeit ausstatten. Neben der Fabrikation moderner
Missiles waren irakische und deutsche Techniker in diesem Fall
besonders mit der Elaborierung spezieller Raketenköpfe beschäftigt,
mit einer explosiven Submunition, die ganze Schlachtfelder quasi
verminen sollte. Gleichermaßen war man mit der anderen naheliegenden
Frage beschäftigt, wie es praktikabel sei, tödliche Nervengase und
toxische bakteriologische Stoffe seriell auf die Raketenköpfe zu
konfektionieren.
Der Bau der Anlage, deren weitreichende
Massenvernichtungskraft ausdrücklich auch für den »zionistischen
Feind Israel« bestimmt war, geriet fast ausschließlich zum Werk
deutscher Firmen. Generalunternehmer für den Komplex war die
Gildemeister Projecta, eine Tochterfirma des Bielefelder
Werkzeugmaschinenherstellers Gildemeister. Weiter am Projekt
beteiligt waren die Firmen MBB, Karl Kolb, Schneck, Integral Sauer
und das Wiener Planungsbüro Consultco. Auch die eigentliche
Endfertigungsstätte für den irakischen Raketenbau, die südlich von
Bagdad bei Mahmudiya lag, kam ohne deutsche Hilfe nicht zustande.
Unter Anleitung des Consen-Subunternehmers Fenneberg wurden
ab August 1987 die drei Anlagenkomplexe in Tag- und Nachtarbeit von
7500 Arbeitsmigranten aus Indien und Pakistan hochgezogen.
Siemens
lieferte für das Raketenwerk die Schaltanlagen und Transformatoren.
An diesen Orten entstanden unter substantieller deutscher Beihilfe
auch jene Missiles, deren giftgasgefüllte Köpfe später auf das Ziel
Tel Aviv ihre Einjustierung erfuhren.
Auch in anderen Sektoren der ba'thistischen Rüstungsentwicklung
waren die Deutschen nennenswert beteiligt: Noch 1989 planten die
Iraker eine Artilleriefabrik für Geschütze größeren Kalibers. Der
Hauptauftrag dafür erging in Höhe von 130 Millionen Mark an die
westdeutsche Ferrostahl als Generalunternehmer. Der Essener
Baukonzern Hochtief errichtete die Fundamente, Buderus
steuerte Fachwissen bei. Die Düsseldorfer MAN-Tochter Hasenclever
lieferte eine hochmoderne Schmelzpresse. MAN lieferte über
Ferrostahl den benötigten 50-Tonnen Kran. Die Großanlage bedeutete
den Endpunkt einer Produktionskette, die alles zur Verfügung stellen
sollte, was der Irak für eine »unabhängige« Geschützproduktion
benötigte.
Für die deutsche rüstungsexportierende Industrie war dies nicht
nur ein gigantisches Geschäft, das potentiell den Zugriff auf
irakische Devisenreserven in Höhe von ursprünglich 30 Milliarden
Dollar versprach, es war dies zugleich auch die Lehrzeit für die
Kultivierung aller späteren deutschen Camouflagen, an Exportverboten
vorbei ungehindert tödliches Gerät in alle Welt liefern zu können.
Am Beispiel Irak probten die Deutschen das Verfahren, Rüstungsgüter
prinzipiell als zivile Güter zu deklarieren. So bezeichnete
Gildemeister Projecta das Raketenforschungszentrum SAAD 16 als
ziviles »Forschungs- und Entwicklungsprogramm der Universität
Mossul«. Auch die später von Firmen wie Fritz Werner (Geisenheim)
entwickelte Strategie, Lizenzen für vom Ausfuhrverbot bedrohte
Rüstungsgüter direkt an sub-produzierende Firmen anderer Länder zu
übertragen, wurde im Irak zuerst »getestet«.
Auf diese Weise verdienten deutsche Unternehmen in den Jahren
1982 bis 1986 allein für gelieferte Waffen oder waffentaugliches
Gerät den nennenswerten Betrag von 625 Millionen Dollar. Daß auch
mit diesen Daten der amerikanischen Abrüstungsbehörde noch längst
nicht die gesamte Dimension der militärischen Lieferungen der BRD an
den Irak erfaßt ist, zeigt ein Blick auf die Kosten und Preise der
oben geschilderten Militärprojekte bundesrepublikanischer Firmen im
Zweistromland: Allein das Forschungszentrum SAAD 16 stellte eine
Investition von cirka 750 Millionen Dollar dar. Für die
Raketenfabrik Mahmudiya mußten 450 Millionen Dollar erbracht werden.
Das aber bedeutet, daß diese beiden zentralen Projekte allein für
die BRD-Rüstungsuntemehmen im Irak ein Budget von 1,2 Milliarden
Dollar einbrachten.
Die Ausbildungshilfe an den Irak
oder als Dr. Kinkel lachte
Wie eng und intim-vertraut die Beziehungen zwischen rührenden
deutschen Politikern, Geheimdienstleuten, Polizisten und dem
Ba'th-Regime waren - wobei stets Repräsentanten der FDP besonders
ins Auge fallen -, ergibt sich aus der Betrachtung des offiziell
genehmigten Ausbildungsprogramms der GSG 9 für irakische
Anti-Terroreinheiten. Zu Beginn der achtziger Jahre hatte die
Hamburger Firma Wenzel Hruby auf Vermittlung des
Bundesnachrichtendienstes (BND) dem Irak umfangreiches
Kriegsmaterial zur Verfügung gestellt. Bestandteil des
Zehn-Millionen-Mark-Vertrages mit den Irakern, für dessen
Zustandekommen der damalige Chef des BND, Klaus Kinkel (FDP),
persönlich verantwortlich zeichnete, war die Ausbildung einer
Anti-Terror-Einheit nach dem Vorbild der deutschen GSG 9 sowie die
Lieferung von 600 Maschinenpistolen. Aktenkundig wurde der Deal
durch die Verhaftung des Irakers Abdul Jebara, der im Mai 1986 bei
dem Versuch ertappt worden war, 30 Kampfhubschrauber über die
Hamburger Firma Procom für den Irak zu beschaffen. Als der
Verhaftete seinen »guten Freund«, den BKA-Chef Böge zu sprechen
verlangte - der sich aber plötzlich unansprechbar zeigte -, äußerte
Jebara drohend: »Sie haben Angst vor meiner Entlassung, denn dann
werde ich schonungslos auspacken.«10
Er erinnerte auch öffentlich an »kleine Freundschaftsdienste«,
die man sich gegenseitig geleistet habe. Wie am 24. April 1982, als
der zu Besuch in Deutschland weilende irakische Innenminister Sadour
Shakir 75 Pistolen und 90 Revolver der Firma Krausser in
Empfang nahm - als persönliches Präsent. Bei diesem Besuch schaute
Shakir auch bei Klaus Kinkel vorbei. Jebara erinnerte sich daran,
daß der irakische Innenminister ihn bat, »Herrn Kinkel zu fragen, ob
er die erhaltenen Waffen sofort mitnehmen dürfe«. Kinkel habe darauf
»gelacht«, so Jebara, und »sagte Herrn Oberst Phillip, er solle es
so arrangieren, daß die Waffen ohne Ausfuhrpapiere zur
Privatmaschine des Innenministers kommen«. Nach solchen
Freundschaftsbekundungen soll Kinkel auch die Kontakte zu einem
möglichen Lieferanten der von Böge zugesagten Polizeihilfe
hergestellt haben. Kinkels Empfehlung: die Hamburger Firma Wenzel
Hruby Communication Equipment GmbH Import Export Transit." Das
Ausbildungsprogramm fand danach vom Mai bis zum September 1982
planmäßig statt, es umfasste passenderweise auch die »Anwendung
verschiedener Arten von Kampfgasen«.
Was wußte die Bundesregierung?
Der Möllemann-Bericht
Erst Anfang 1990 nimmt eine der im Bundestag vertretenen Parteien
die Sache immerhin so ernst, daß erstmals der Gedanke an einen
parlamentarischen Untersuchungsausschuß erwogen wird. Zwei
Abgeordnete der Grünen hoffen, daß die widerstrebende SPD mitzieht,
da für ein solches Unternehmen die Zustimmung eines Viertels der
Parlamentarier (165 Abgeordnete) gewonnen werden mußte.
Unmittelbarer Anlaß ist den Grünen der äußerst lückenharte »Bericht
über die Ausfuhren in den Irak« zwischen 1981 und 1990, den
Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) dem Parlament
übergeben hatte. Die Grünen erklärten, »wir werden nicht
lockerlassen, bis die unrühmliche Rolle der Bundesregierung bei der
Genehmigung und augenzwinkernden Duldung der Irak-Waffengeschäfte
vollständig aufgeklärt ist.«
Möllemanns Irak Bericht, Aktenzeichen AZ V B4-296-92-VS, war als
Verschlußsache klassifiziert und daher nur wenigen Parlamentariern
bekannt. Damit die Sache geheim und dauerhaft der Öffentlichkeit
entzogen bliebe, hatte das Kabinett beschlossen, ihn später nur in
bereinigter Form zur Veröffentlichung freizugeben. Auf 64 Seiten
hatten Beamte des Wirtschaftsministeriums unter Möllemanns kundiger
Aufsicht (er war anläßlich der zu untersuchenden Periode des
Waffentransfers Staatsminister im Auswärtigen Amt gewesen)
vornehmlich bereits bekannte Informationen aufbereitet, nur einige
bislang unbekannte Details wurden preisgegeben, die Stoff für einen
Untersuchungsausschuss hätten abgeben können. Weitgehend
kommentarlos schlüsselt der Bericht summarisch Rüstungsexporte auf -
auch solche, die nicht genehmigt wurden; ferner erwähnt er diverse
Ausfuhren, die zwar keiner Genehmigung bedurften, aber trotzdem das
irakische Militärpotential beträchtlich gestärkt hatten. Schon das
Volumen der genehmigten Exporte machte stutzig, zumal diese
Transfers über die gesamte Dauer des irakisch-iranischen Kriegs
erfolgt sind und mithin in die Amtsperiode von drei
FDP-Wirtschaftsministern fallen: Otto Graf Lambsdorff, Martin
Bangemann und Helmut Haussmann. Die genehmigten Exporte umfaßten
- auszugsweise: 111 militärisch einsetzbare LKWs,
Computerelektronik, Radar und Chiffriergeräte, Pistolen und
Munition. Vor allem aber widerlegte der Bericht Möllemanns ständige
Beteuerung, die Regierung habe zwischen 1981 und 1990 keinem Export
von Kriegswaffen in den Irak zugestimmt.
Auf Seite 19 des Berichts steht: »Entsprechend den
rüstungsexportpolitischen Grundsätzen hat die Bundesregierung bei
der Genehmigungserteilung für Zulieferung in das Partnerland
(gemeint ist Frankreich) dem Kooperationsinteresse Vorrang
eingeräumt.« Im Interesse der Regierung in Paris wurden der
Münchener Waffenschmiede MBB Lenkwaffen-Zulieferungen nach
Frankreich gestattet. Von der dort ansässigen Firma Euromissiles,
die zu 50 Prozent MBB gehört, wurden dann die komplettierten
Waffensysteme in den Irak verschifft. Derart wurden aus Deutschland
via Frankreich in den Irak geliefert: 133 Flugabwehrraketen-Systeme
Roland mit 4.250 Raketen, 262 Startanlagen der Panzerabwehrwaffe HOT
mit 10.953 Raketen und 372 Startanlagen der Panzerabwehrwaffe Milan
mit 12.386 Raketen.
Ein Arsenal zum Führen kompletter Schlachten. Unklar gelassen
wurde, ob der Bundessicherheitsrat - ein grundgesetzlich
fragwürdiges Geheimkabinett für heikle Aktionen - sich mit diesen
Exporten beschäftigt hatte, was Möllemann in einer Aktuellen Stunde
des Bundestags immerhin andeutete.
Sensationellen Inhalts ist auch die Seite 22, auf der der Bericht
die Beteiligung der notorischen Firma Kolb/Pilot Plant am Aufbau des
irakischen C-Waffenprogramms referiert: Explizit bestätigt wird an
dieser Stelle, daß die Regierung der Bundesrepublik schon 1982 erste
Hinweise über die deutsche Beteiligung am Aufbau des Programms
chemischer Massenvernichtungsmittel erhalten hatte. 1984 wurden
diese Anzeichen sogar konkret verifiziert. Nicht geneigt, nun auf
der Stelle eine zureichende Außenwirtschaftsprüfung vorzunehmen,
schlug die Bundesregierung informelle »Gespräche« mit den Vertretern
der beteiligten Firmen vor. Zwar wurde Karl Kolb von August 1984 an
keine Exportgenehmigung mehr erteilt, dennoch wurde weitergeliefert.
Entsprechend heißt es: »USA und Israel bleiben weiterhin von einer
Beteiligung deutscher Firmen an der irakischen Giftgasproduktion
überzeugt und berichteten mehrfach über ihnen vorliegende
Erkenntnisse.«
Doch erst ein Jahr nach der vollen Aufnahme der
C-Waffen-Großproduktion im irakischen Samara leitete die
Staatsanwaltschaft Darmstadt im November 1987 ein
Ermittlungsverfahren gegen Kolb ein. Ungeachtet dessen erklärte
Wirtschaftsminister Bangemann noch im Dezember 1987, die Anlagen von
Kolb seien »nicht zur Herstellung chemischer Waffen geeignet«. Wie
mangelhaft die Bonner Maßnahmen waren, belegt der Bericht Möllemanns
auf Seite 29 mit der beiläufigen Information, daß die Firma Kolb
1988/89 damit begonnen hatte, an einer neuen Fabrik in Falluja
mitzuarbeiten - dem Dossier zufolge eine weitere C-Waffen-Fertigung,
die moderner und funktionsfähiger noch als Samara konzipiert sei. In
dem C-Waffen Teil des Reports (Seite 26) ist schließlich zu
erfahren, auf welche Art die Bundesregierung ihre angebliche
Ahnungslosigkeit zu erklären suchte, wenn ausgeführt wird, daß das
»Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung« 1989 der Darmstädter
Staatsanwaltschaft keine Amtshilfe leisten konnte, weil »es über
keine Wissenschaftler oder Fachleute zur Beurteilung derartiger
Chemieanlagen oder Fertigungsanlagen verrügte«. Man konnte
entwickeln, liefern und im Irak mit deutschen Technikern alles auch
installieren, nur »beurteilen« konnte man nicht, was man tat.
Gezwungenermaßen beschäftigt sich der Möllemann-Bericht auch mit
dem Wirken der dubiosen Hamburger Firma W.E.T., die von Eingeweihten
als Tarnunternehmen des Bundesnachrichtendienstes angesehen wurde.
Möllemann muß zugeben: W.E.T. soll »nach hier vorliegenden
Erkenntnissen« Mitte der achtziger Jahre an »biotechnischen Exporten
in den Irak« beteiligt gewesen sein. Seit März 1990 lagen dem Hause
Möllemann nach eigenem Eingeständnis noch weit mehr Hinweise über
die Mitwirkung Deutscher an der Elaborierung von B-Kampfstoffen vor.
Von den Toxinen Botulinus A und B ist offen die Rede. Welcher Art
die »Erkenntnisse« sind, läßt der Bericht offen. Er geht auch nicht
auf die virulenten Behauptungen ein, daß ein BND-Mitarbeiter aktiv
an den W.E.T. Machenschaften teilgenommen habe. Dagegen macht das
Dossier amtlich, daß der Irak mit deutscher Hilfe in die Lage
versetzt worden ist, die Entwicklungszeiten für Atomwaffen von zehn
auf fünf Jahre zu verkürzen. Offen blieb ebenso, weshalb die
Bielefelder Firma Gildemeister bis 1989 an der Fertigstellung des
Militärprojekts SAAD 16 in Mossul mitarbeiten durfte, obwohl dem
Bonner Wirtschaftsministerium seit 1981 vage, seit 1982 konkrete
Hinweise vorlagen, daß es sich um einen militärischen Raketenkomplex
handelte. Die Firma Havert hatte für ihre Irak-Exporte sogar eine
Hermes-Kreditbürgschaft von 2,4 Millionen Mark erhalten. Erst später
stellte sich heraus, daß die exportverbürgten Teile des Geschäfts
besonders konstruierte Bestandteile von Raketen waren.
Wie hochaktiv Deutschland im irakischen Kriegsgeschäft mitgewirkt
hat, geht hervor aus der ersten Rede der neuen Abgeordneten Uta Zapf
(SPD) im Bundestag:
Der Möllemann-Bericht verschweige, »daß die Bundeswehr selber
Ausbildungsprogramme für irakische Offiziere bis in die jüngste Zeit
durchgeführt hat, nämlich von 1983 bis 1990«. Weil ihre Redezeit
ablief, konnte die Abgeordnete nicht mehr belegen, wie sie in dieser
Sache vom Bonner Verteidigungsministerium hinters Licht geführt
worden war. Auf ihre Anfrage im Verteidigungsministerium hatte
dessen Staatssekretär Ottfried Hennig geantwortet: »Bei der Firma
Dornier wurden keine Praktika der irakischen Studenten
durchgeführt.« Uta Zapf lag zu dieser Zeit ein Brief vor, in dem der
Firma Dornier
mit Datum 21. Oktober 1983 die Ankunft von »25 irakischen Studenten«
angekündigt wird, und zwar »for the Aviation Engeneering Study«. Der
Brief ist von Oberst Basam A.K. Askar, Verteidigungsattache in der
irakischen Botschaft Bonn unterzeichnet. Als Absender der
Namensliste der Neuankömmlinge firmiert die »Iraq Air Force«.
Kontinuitäten
»Die deutschen Todeskrämer lieferten technischen Sachverstand
und Material für die Produktion von Giftgas an den Irak, an Syrien
und Libyen. Dabei sollte man erwarten, daß die gegenwärtige
Generation von Deutschen, der Schuld ihrer Väter am Vergasen von
Millionen Menschen vor gar nicht so langer Zeit bewußt, besonders
empfindlich auf die Möglichkeit reagieren würde. Deutsche könnten
einem terroristischen Diktator bei Gasmord in irgendeiner Weise
helfen.«
William Safire, 1989 in der »New York Times«
Deutsche Militärs hatten im Ersten Weltkrieg im belgischen Ypern
Giftgas versprüht. 1919 war dies im Versailler Vertrag geächtet
worden. Im Nationalsozialismus wurden toxische Stoffe zur
Vernichtung der europäischen Juden verwendet. Nach der Niederlage
des Faschismus mußte die neue Bundesrepublik sich darauf
verpflichten, auf den Besitz von C-Waffen zu verzichten (Pariser
Protokoll von 1954). Doch die deutsche Rüstungsindustrie war findig
genug, solche Verbote systematisch zu umgehen: Sie deklarierten ihre
Lieferungen, die zur rationellen, industriemäßigen und
kostengünstigen Menschenvernichtung im Irak zum Einsatz kamen, als
Ungeziefervernichtungsmittel.
Bis heute wird diese Schuld geleugnet. Dazu gehört vor allem »das
Ausklammern der Proliferation, sprich der Mitverantwortung der
großen Industriestaaten, an erster Stelle Deutschlands, für die
Aufrüstung des Irak mit Massenvernichtungswaffen und deren
Einsatz«." Obwohl die vollzogene Proliferation an den Irak den
Tatbestand eines Menschheitsverbrechens erfüllt, ist von der
Rehabilitation der irakischen Opfer in Deutschland keine Rede. Nicht
eine einzige Parlamentarierdelegation hat je die überlebenden
Menschen in der heute immer noch zerstörten kurdischen Stadt Halabja
auch nur besucht.
Die Deutschen liefern auch wieder: Die Staatsanwaltschaft
Mannheim ermittelt zusammen mit dem Kölner Zollkriminalamt seit
neuestem gegen sechs Beschuldigte deutsche Unternehmen, denen die
Lieferung von illegaler Technologie an den Irak vorgeworfen wird. In
einem Fall von Spezialbohrgeräten für das weitreichende
210-Millimeter Geschütz al-Fao. Das Produktionsziel Massenmord kennt
kaum ein Risiko: Die ehemaligen Lieferanten wurden als spätere
Angeklagte in Hamburg und anlässlich der Darmstädter Giftgasprozesse
entweder freigesprochen oder wegen eines simplen Verstoßes gegen das
Außenwirtschaftsgesetz verurteilt. Einer Ordnungswidrigkeit. Wie
Falschparken.
Anmerkungen
- 1 »Stern« Nr. 3/ 1989
- 2 »Die Zeit«, 30.1. 1981
- 3 United Nations Security Councii, S. 16533/1986
- 4 »Frankfurter Rundschau«, 6.1.1989
- 5 Bundesdrucksache 11/3762 v. 20.12. 1988
- 6 BBC l v. 27.10.1986
- 7 »Stern«, 10.12. 1987
- 8 »Stern« 29/1988
- 9 ebd.
- 10 »Tageszeitung«, 13.8. 1990
- 11 ebd.
- 12 Ronald Ofteringer, Vortragsmanuskript, Berlin, 28.3. 1998.
- 13 Vgl. »Der Spiegel« 9/2002
Quelle:
"Saddam
Husseins letztes Gefecht?" Der lange Weg in den III. Golfkrieg,
von Aras Fatah, Thomas von der Osten-Sacken, Thomas Uwer
Hintergrund (Archiv nahost-politik.de)
hagalil.com
15-01-2003 |