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Friedensdemo in Tel Aviv
Für eine Grenze mit einem Zaun

Henryk Broders Israel Tagebuch April 2002
Erschienen in Spiegel Online

In Tel Aviv fand wieder eine Demonstration für den Frieden in Israel statt. Eine Kundgebung, die auch ein Treffen der Veteranen war, die schon vor 20 Jahren gegen Ministerpräsident Ariel Scharon auf die Straße gingen.

Fast 40 Jahre hieß die große Stadtbrache an der Ibn-Gvirol-Straße im Zentrum von Tel Aviv "Platz der Könige Israels". Nach der Ermordung von Jizchak Rabin am 5. November 1995 bekam die fußballplatzgroße Fläche einen neuen Namen: Jizchak-Rabin-Platz. Es gibt auch ein kleines Mahnmal für den Mann, der ein Abkommen mit der PLO schloß, das er mit seinem Leben bezahlte.
Tel Aviv: Protest auch auf
Deutsch (Foto: Henryk M.
Broder)



Jetzt hat die "Peace Coalition" zu einer Demo am Rabin-Platz aufgerufen, der ersten nach ein paar Wochen der Lähmung. "Raus aus den Gebieten! Stoppt das Blutvergießen!" Der Krieg, heißt es in dem Aufruf, könne den Terror nicht beenden, dazu sei ein politischer Plan nötig: "Eine Grenze, ein Zaun entlang der Grenze und die Aufgabe der Siedlungen." Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Gruppen innerhalb der Friedenskoalition verständigen konnten.

Wie üblich findet die Demo am Samstagabend statt, nach dem Ende des Schabat, damit auch religiöse Juden teilnehmen können. Schon kurz nach sieben Uhr sind die ersten Demonstranten da: arabische Jugendliche aus dem Galil, die mit Bussen nach Tel Aviv gekommen sind. Sie tragen "Peace Now!"-Schilder und rufen abwechselnd: "Mit Blut und unserem Geist werden wir Palästina befreien!" und "Arafat ist ein Märtyrer!" Ein paar ältere Tel Aviver, die auch für den Frieden demonstrieren möchten, fürchten, dass sie auf der falschen Demo sind und gehen wieder nach Hause.

Das bessere Israel will den Frieden


Demo: Widerstand gegen
Israels Politik (Foto: Henryk M.
Broder)

Macht nichts, die Kundgebung findet trotzdem statt. Sie wird die Regierung nicht von ihrem Kurs abbringen, aber es sind viele TV-Teams da, um die Botschaft in die Welt zu tragen: Das andere, das bessere Israel will den Frieden. "Scharon gegen den Frieden", "Es gibt keine militärische Lösung", "Beendet die Besatzung". 

Man sieht ältere Menschen, die sich noch an das Israel aus der Zeit vor dem Sechs-Tage-Krieg erinnern können, als das ganze Land ein großer Kibbuz war, und junge, die nur ein Israel kennen, das daheim Demokratie und vor der Haustür Diktatur praktiziert.

Während die Älteren ihre selbstgemalten Parolen vor sich hertragen ("Die Besatzung bringt uns alle um"), füllen die jüngeren den Platz mit Sprechchören: "Frieden ja! Besatzung nein!" - "Israel und Palästina - zwei Staaten, zwei Völker!" - "Mister Verteidigungsminister, wie viele Kinder hat du heute umgebracht?" Auf hebräisch klingt der Satz viel besser, weil er sich reimt.

Hanna, Andre und ich stehen mitten in der Menge und fragen uns, warum Demos für den Frieden immer so gemütlich sein müssen, egal, wo sie stattfinden. Und wenn wir nicht genau wüssten, dass wir am Rabin-Platz in Tel Aviv sind, könnten wir auch am Alex in Berlin sein. Das Einzige, das es in Tel Aviv nicht zu sehen gibt, sind die bunten Hakenkreuze, die von einer Antifa-Faust zerschlagen werden. Sonst ist alles ziemlich gleich. Auch die hysterische Frau, die am Straßenrand steht und die Demonstranten als Verräter beschimpft, kommt uns irgendwie bekannt vor.

"Die Rechten haben Oberwasser"

Am Ende der Demo kommen etwa 10.000 Marschierer vor dem Verteidigungsministerium an. Es sind mehr, als die Veranstalter erwartet haben, aber viel weniger als bei der letzten Kundgebung der Siedler, die über 60.000 Menschen mobilisieren konnten. "Die Rechten haben Oberwasser", sagt Hanna, "die Linke ist demoralisiert".

Dennoch gehen Andre und Hanna gerne mit, denn sie treffen auf jeder Demo alte Bekannte. Ronni zum Beispiel, der 1982 im Libanon-Krieg den Dienst verweigert hat und dafür ein paar Wochen im Knast sitzen mußte. Jetzt ist Ronni fast 50 und hat seine Tochter Michal mitgebracht, die 1982 geboren wurde. Auch sie will heute nicht in der Armee dienen. Der stellvertretende Bürgermeister, ein alter Linker, kommt dazu, und dann gibt es ein kleines Friedensveteranentreffen am Rande der Demo.

Es ist wie vor 20 Jahren, Scharon macht Politik, und die Friedensbewegten machen sich Sorgen. "Wie lange soll es so weitergehen?" fragt Hanna. " Keine Ahnung", ruft Ronni, "in zwanzig Jahren sehen wir uns wieder!"

 

Mehr von Henryk Broder auf seiner 
Offiziellen Homepage

haGalil onLine 25-04-2002

 

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