Das Feuer einstellen:
Bevor alle Hoffnung zerstört ist
Immer häufiger stehen die Kommentare der
israelischen Presse im Zeichen der Selbstkritik, was den Konflikt mit
den Palästinensern betrifft. Es wird die neue harte Linie der
Sharon-Peres-Regierung bei der Bekämpfung der palästinensischen Gewalt
erstmals nachdrücklich verurteilt und vor ihren unabsehbaren
Auswirkungen gewarnt.
In Jedioth achronoth fordert Yigal Serna: "Wir müssen
jetzt den Teufelskreis der Brutalität durchbrechen, doch Sharon ist
selbst Teil dieses Kreises. Er kann nur vor Augen führen, wie schwer aus
dieser Falle und damit aus einem endlosen Krieg herauszukommen ist.
Ein abrasiertes Dorf, eine bombardierte Stadt,
liquidierte Terrorführer, ein besiegtes Volk - all das bringt uns keine
Ruhe, sondern nur noch mehr Hass. Viele von unseren rechten wie von
unseren linken Politikern wissen, dass die Anwendung zerstörerischer
Gewalt sinnlos ist und dass wir auf eine Katastrophe zurasen. Doch sie
schweigen und verstecken sich hinter Sharon.
Dennoch, es ist noch
nicht zu spät, wenn wir auf der Stelle die Verständigung mit den
Nachbarn suchen - und nicht aus einer Position der Schwäche.
Verhandlungen über einen Waffenstillstand und ein
Friedensabkommen können auch stattfinden, wenn geschossen wird. Die
Forderung der vollständigen Einstellung der Gewalt vor dem Beginn von
Verhandlungen kann man mit einer Feuerwehr vergleichen, die erst kommt,
wenn das Feuer gelöscht ist.
Wir müssen sofort mit den Palästinensern reden,
inmitten von Feuer und Blut, mit jedem, der dazu bereit ist, um das
gegenseitige Massaker zu beenden, das immer schlimmer wird, je härter
wir durchgreifen und je brennender der Hass wird.
Zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen kommt Shalom
Yerushalmi in M'ariw: "Vielleicht ist die Methode, Chamas- und
Tansim-Anführer durch Raketen aus der Luft zu liquidieren, eine
operative Notwendigkeit. Doch wenn Raketen und Maschinengewehre Autos im
Herzen von Jenin zerstören und dadurch die Bevölkerung in Hysterie
versetzen, treten bei jedem Angriff sofort zehn wut- und racheschäumende
neue Terroristen auf den Plan, die jede Hoffnung verloren haben.
Wir können uns leicht ausrechnen, wie das Verhältnis
von Nutzen und Schaden bei diesen Liquidierungsaktionen ist, auch wenn
die Präzision, mit der sie ausgeführt werden, uns in Erstaunen versetzt.
Die militärischen Angriffe müssen durch politische Kontakte ergänzt
werden, wobei das Ziel kein Friedensabkommen auf Dauer sein kann, weil
die Palästinenser auf das Rückkehrrecht nicht verzichten wollen, sondern
allenfalls eine 'kalte Koexistenz', eine wenn auch nur zeitlich
begrenzte gewaltlose Lösung mit den wirtschaftlichen Vorteilen, die
diese mit sich bringen würde, eine Detente nach dem syrisch-israelischen
Muster.
Nur Verhandlungen - auch bei fortdauernden Kämpfen -
können dem Blutvergießen ein Ende machen und vielleicht doch einen
Funken Hoffnung entzünden."
haGalil onLine 15-05-2001
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