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Die Lage ist noch schlechter als die Stimmung:
ARGENTINIER GEHEN WEGEN DER LEBENSMITTEL IN DIE SYNAGOGE

Von Eliahu Salpeter, Ha’aretz, 29.8.2001

Der Internationale Währungsfond genehmigte letzte Woche eine Beihilfe von insgesamt 8 Milliarden Dollar für Argentinien. Die Hilfe soll den totalem Zusammenbruch der Wirtschaft dieses Landes vermeiden. Die Auslandsschuld Argentiniens beträgt circa 150 Milliarden Dollar. Argentinien erhielt erst vor acht Monaten ein 14 Milliarden Dollar Darlehen vom I.W.F, aber dieses Geld wurde einfach in das schwarze Loch der im Lande herrschenden Megakrise eingesaugt.

Nur entschlossene Optimisten können daran glauben, daß die zusätzliche Hilfe der I.W.F. eine Genesung der argentinischen Wirtschaft ermöglichen wird, und daß die Lage der dortigen jüdischen Gemeinde, die wegen der Wirtschaftskrise leidet, besser wird.

Die meisten Juden Argentiniens gehören zur Mittelklasse, und diese Juden sind diejenige, die am schwersten von der Krise betroffen wurden, was auf die Anstalten der jüdischen Gemeinde einen negativen Einfluß ausübte. Zwei große jüdische Banken gehören zu den Unternehmen, die den Konkurs erklärten, und dort war der größte Teil des Geldes der Gemeindeinstitutionen angelegt. Diese Institutionen haben schätzungsweise an die 26 Million Dollar verloren.

Tausende Privatanleger haben beim Zusammenbruch der zwei Banken, die in früheren Krisen Überbrückungsdarlehen gaben, die ihren Kunden zur Hilfe kamen, bis der Sturm vorbei war, den größten Teil ihrer Sparguthaben verloren. Die Geschäftsführer und Inhaber der zwei Banken gehörten auch zu den bedeutendsten Spender der jüdischen Gemeinde.

Diese schwere Krise betrifft die Juden Argentinas bevor sie sich von zwei Traumas grossen Ausmasses erholt haben: der Terrorangriff auf die israelische Botschaft in Buenos Aires, bei der 29 Diplomaten und örtliche Angestellte ermordet wurden, und zwei Jahre später, die Explosion im Gebäude der Asociacion Mutual Israelita Argentina (der argentinisch-jüdische Verein für gegenseitige Hilfe, bekannt unter dem Akronym AMIA). Im AMIA Gebäude befanden sich die Büros zahlreicher jüdischer Organisaionen. Bei dieser Explosion kamen 84 Personen um, darunter führende Persönlichkeiten der jüdischen Gemeinde.

Ein neues AMIA Gebäude wurde gebaut, mit Beton und Stahlwänden, mit Alarmanlagen und einer grossen Einheit von Sicherheitswächtern. Das seelische Unbehagen der jüdischen Gemeinde Argentinas kann jedoch nicht so leicht ausgebessert werden, und eines der bedeutendsten Gründen für die depressive Stimmung der Gemeinde ist die Tatsache, daß die Verantwortlichen für den AMIA Angriff immer noch nicht festgenommen wurden.

Es wurde zwar ein Dutzend Leute verhaftet, die beim Angriff angeblich jedoch nur eine Nebenrolle spielten. Die meisten von ihnen waren Mitglieder der Polizeikräfte, bei denen damals Antisemitismus herrschte. Ein Termin für den Prozess dieser Verdächtigten wurde zwar festgesetzt, aber das Verfahren wurde verschoben, und die Behörden werden beschuldigt, sie versuchten, die Spuren der Terrorattentäter zu verwischen, welche direkt nach Syrien und Iran führten.

Der Ermittlungsrichter Juan Jose Galeano teilte mit, der Prozess würde Ende September eröffnet, und daß angenommen wird, daß die Zeugenaussagen bestätigen, daß die Planung und der Terroristeneinsatz das Werk von Iran, mit der Hilfe ihrer Diplomaten in der Gegend war. Aber die Juden Argentiniens, die in solche Angelegenheiten leider viel Erfahrung haben, bezweifeln das Ausmaß der Begeisterung der Behörden bei der Ahndung dieser Frage.

Zeugenaussagen zur elenden Lage der Gemeinde findet man in Berichten zweier amerikanischer jüdischer Organisationen. Auszüge einer von zwei leitenden Persönlichkeiten der HIAS (Hebrew Immigrant Aid Society – Organisation für die Hilfe an jüdische Immigranten) – Neil Greenbaum (Vorstandvorsitzender) und Leonard Glickman (Präsident und Geschäftsführer) wurden vor kurzem in der in New York herausgegebenen Wochenzeitschrift “Forward” veröffentlicht.

In ihrem Bericht warnen die Autoren davor, daß die jüdische Gemeinde in Argentinien “eine gefährdete Gemeinde ist, weil ihr Gesellschaftsgewebe Stich für Stich aufgetrennt wird infolge der immer schlimmer werdende Situation inmitten der Wirtschaftskrise in Argentinien”. Nach Ansicht der HIAS Führer betrifft die Zahl der Juden in Argentina, die noch vor zwei Jahren auf 230.000 bis 240.000 geschätzt wurde, heute weniger als 200.000. Der Grund für diese Abnahme ist die zunehmende Zahl der Mischehen, und besonders die erhöhte Anzahl der Juden, die das Land verlassen.

Die in Argentinien weitausgebreitete Arbeitslosigkeit betrifft ebenfalls zigtausende Juden, und eine neue Sozialklasse “die Neuen Armen” ist entstanden. Manche jüdische Familien haben ihr Heim verloren und sind gezwungen, in Slumstädten zu leben. Zahlreiche argentinische Juden, die noch Stellen haben, mußten sich mit der Tatsache abfinden, daß ihre Löhne um bis zu 50% gemindert wurden.

Greenbaum und Glickman berichten, daß es Leute gibt, die jetzt nicht nur zum Beten in die Synagoge gehen, sondern um dort ein wöchentliches Lebensmittelpaket zu erhalten.

Gewisse Gemeindeorganisationen mußten geschlossen werden, andere schränkten ihre Aktivitäten drastisch ein.

Die Anzahl der Anträge, die HIAS jetzt für Hilfe bei der Auswanderung aus Argentinien erhält ist ständig im Steigen begriffen. Manche argentinische Juden kommen mit Touristenvisas nach den Vereinigten Staaten und bleiben dann einfach dort als illegale Einwanderer. HIAS Beamte sagen allen Antragsteller, daß sie zuerst die Möglichkeit prüfen sollten, nach Israel zu immigrieren, und erst danach versuchen, Visas zu anderen Ländern zu erzielen.

Die Wirtschaftskrise in Argentinien und die Notlage der dortigen jüdischen Gemeinde dauern schon mehrere Jahre, aber seit kurzem steigerte sich das Tempo der Verschlimmerung. Ein schweres Problem, das die Lage verschlimmert, ist die Tatsache, daß jüdische Männer von dem in Süd-Amerika weitverbreiteten “Machismo” Bazillus angesteckt sind, und damit ist es argentinisch-jüdischen Männern unangenehm, um Hilfe zu bitten, bevor die Lage sehr schwer wird.

Diese Tatsache wurde der Bnei Brith in New York von einem ihrer leitenden Direktoren berichtet, der vor kurzem in Buenos Aires zu Besuch war. Nach Angaben dieses Direktors, stieg die Zahl der Sozialfälle in der jüdischen Gemeinde in Argentinien von 4.000 auf 20.000. Diejenigen, die am schwersten betroffen sind, sind die Alten, deren durchschnittliche Altersrente nur $150 beträgt, obwohl der Betrag, der benötigt wird, um relativ anständig leben zu können, circa $400 monatlich ist.

Die Stimmung der argentinischen Juden wurde noch düsterer infolge der innerhalb der Gemeinde gemachten Anklagen, zahlreiche ihrer Führer und viele ihrer wohlhabenden Mitglieder seien an schweren Korruptionvorfällen beteiligt, die für das Regime des früheren Präsidenten Carlos Menem typisch waren.

Inzwischen werden die Schlangen vor den Konsulaten von Italien, Spanien und Polen immer länger. Diese drei Staaten sind bereit, Nachkömmlingen von italienischen, spanischen und polnischen Staatsbürgern, die nach Argentinien ausgewandert sind, Staatsbürgerschaft und Pässe zu geben. In der Schlange vor dem polnischen Konsulat sind auch einige Juden zu sehen, die bei Hias Hilfe beantragen, das selbe Hias, das in der Vergangenheit ihren Großeltern dabei behilflich war, von Warschau nach Buenos Aires auszuwandern.

haGalil onLine 28-09-2001

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