DAS SCHLECHTESTE JAHR SEIT 1953
NUR 0,5% ZUWACHS IN 2001
Von Sever Plotzker – Yediot Aharonot,
17.10.2001
Vom Spitzenrekord zum tiefsten Stand:
das Jahr 2000 war eines der besten Jahre in der israelischen
Wirtschaftsgeschichte, 2001 eines der schlechtesten. Im vergangenen Jahr
nahm die Wirtschaft um 6,2% zu, in diesem Jahr wird sie, laut der neuen
Vorhersagen[MN1] des Zentralbüros für Statistik, nur um 0,5% wachsen.
Dies ist die niedrigste Zuwachsrate – der richtige Name dafür sollte
“Einfrierrate” sein – die in Israel seit 1953 notiert wurde.
Laut Früheinschätzungen des Zentralbüros
für Statistik, wird der pro Kopf Produkt in diesem Jahr auf 2%
zurückgehen. Dies ist der schärfste Rückgang des realen pro Kopf
Produkts seit 48 Jahren. In 1953, dem letzten Jahr des Regimes der
Sparmaßnahmen, war das Nationalprodukt um 1,4% und das pro Kopf Produkt
um 4% zurückgegangen.
Das vom Geschäftssektor der Wirtschaft (ausschließlich Regierung und
Ortsverwaltung) produzierte Produkt wird in diesem Jahr voraussichtlich
um 0,7% abnehmen. Auch hier: nur in einem einzigen Jahr in der
Geschichte des Staates Israel, in jenem fernen Jahr 1953, nahm das
Produkt des Geschäftssektors zur steilen Rate von 3,2% ab.
Zwei der Antriebe, die im vergangenen Jahr die israelische Wirtschaft
angespornt hatten, warfen sie in diesem Jahr auf den Grund:
Spitzentechnologie und Tourismus. Diese sind ausgesprochene
Exportbranchen, die den Schwankungen der Weltwirtschaft und der
Sonderstellung von Israel ausgesetzt sind. Der Tourismus wurde von der
Intifada El-Aktsa betroffen, die Technologie von der Intifada El-Nasdaq,
und beide Branchen erlitten nach dem Terroranschlag in Amerika einen
weiteren Rückschlag. Insgesamt wird in diesem jahr ein Ausfuhrrückgang
von 11,4% erwartet – die steilste Abnahme, die je in einem einzigen Jahr
in der Geschichte der israelischen Wirtschaft notiert wurde.
Ohne den positiven Beitrag der Start-up Gesellschaften zum
Wirtschaftszuwachs des vergangenen Jahres in Betracht zu ziehen sowie
deren schweren negativen Beitrag in diesem Jahr, betrug der Zuwachs im
Jahre 2000 nur 4,3% und in diesem Jahr wird er trotzdem 1,5% betragen.
Also: im vergangenen Jahr war der Beitrag der High-Tech Gesellschaften
zum Zuwachs circa 2%, ein Betrag von 2,2 Milliarden Dollar. In diesem
Jahr zog er vom Zuwachs 1% ab und nahm 1,1 Milliarde Dollar zurück. Auch
ohne die Änderungen (es muß betont werden, daß diese zum Teil rein
kalkulatorisch sind) der um 30% gefallenen Nasdaq bleibt der
Wirtschaftrückgang bestehen und dunkel bleibt dunkel, aber die
Dunkelheit ist leichter zu vertragen, sie ist keine Ausnahme und damit
weniger erschreckend.
Neben dem Exportrückgang gab es auch eine leichte Abnahme der Importe,
aber nicht genug zum Ausgleich. Das Zentralbüro für Statistik erwartet
eine starke Verschlechterung – die als “dramatisch” bezeichnet werden
kann – unserer Zahlungsbilanz, von einem Überschuß von 600 Million
Dollar im vergangenen Jahr auf ein Defizit von 3 Milliarden Dollar in
diesem Jahr.
Der andere Aspekt dieser Erscheinung ist der anhaltende Anstieg des
Lebensniveaus, trotz der Stagnation der Produktion. Das pro Kopf Produkt
nahm in diesem Jahr um 2% ab, aber der pro Kopf Verbrauch, sowohl privat
als öffentlich, wird in diesem Jahr um 2% steigen. Die örtliche
Nachfrage der Regierung (Sicherheit, Infrastruktur) und der Bürger war
in diesem Jahr der einizige Zuwachsansporn. Ohne sie wäre die
Wirtschaftkrise viel tiefer gewesen.
Und wie wird dieser Abstand zwischen dem Produktionsrückgang und dem
Verbrauchszuwachs geschlossen? Durch die Entstehung von Defiziten und
dem Verbrauch von Sparguthaben.
Im Gegensatz zu früheren Rezessionen, wurde der Preis der Rezession des
Jahres 2001 (noch) nicht vom Arbeitsnehmer gezahlt. Das Realeinkommen
des israelischen Arbeitnehmers wird in diesem Jahr steigen, und das
Zentralbüro für Statistik schätzt, daß die Anzahl der israelischen
Arbeitnehmer in diesem Jahr um 2,6% zunehmen wird. Die Arbeitslosenrate
wird sogar etwas zurückgehen. Die Investitionen in den verschiedenen
Wirtschaftssektoren werden um 3,8% abnehmen; die Anlagen in Maschinen
und Ausrüstung um 7,6% abnehmen. Aus den gesamten Aufstellungen des
Büros ergibt sich, daß in diesem Jahr ein scharfer Rückgang der
Gesamtproduktivität und eine schmerzhafte Abnahme der
Geschäftsrentabilität erwartet werden.
Aus den veröffentlichten Vorhersagen ist auch zu verstehen, was die
Wirtschaftsexperten des Büros für die zweite Halfte von 2001 erwarten.
Sie schätzen, daß im zweiten Teil dieses Jahres ein geringfügiger
Zuwachs von nur einem halben Prozent des Nationalprodukts notiert werden
wird, im Vergleich zur ersten Jahreshälfte. Keine Gesundung, sondern
eine Stabilisierung auf Null. Auf dieser Grundlage ist es fast
unmöglich, für das Jahr 2002 einen Zuwachs von 4% anzunehmen, wie es das
Finanzministerium angibt. Ich schreibe “fast”, denn manchmal geschehen
Wunder. Aber das Wunder wird ein richtiges Wunder des Himmels sein
müssen: Wenn das Produkt im ganzen Jahr 2000 um 4% höher sein soll als
das Produkt im gesamten Jahr 2001, wird der Wirtschaftszuwachs im
nächsten Jahr 6% bis 7% betragen müssen. Gibt es hier jemand, der sich
vorstellt, daß die Wirtschaft in diesem Tempo fortschreiten wird?
Man kann sehr ernsthaft die Behauptung aufstellen, es sei nicht die
Aufgabe des Zentralbüros für Statistik, Zuwachsvorhersagen zu
veröffentlichen; sie dürfe nur über Gewesenes Daten verarbeiten und
veröffentlichen, und sich nicht mit Weissagungen über Künftiges
beschäftigen. Wenn aber Weissagungen veröffentlicht wurden, darf das
Finanzministerium sie nicht ignorieren. Es könnte diese Leiter zur Hilfe
nehmen um eine wirklichkeitnähere Zuwachsvorhersage für 2002 zu
veröffentlichen. Wie wäre es mit einem Kompromiß auf 3%?
haGalil onLine
28-10-2001 |