Niemand tut etwas - und der Terror geht weiter:
Die große Verzweiflung
Die steigende Popularität Sharons, die
offenbar wenig mit seinem politischen und sonstigen Handeln und Denken
zu tun hat, sondern vor allem auf die latente Sehnsucht des Volkes nach
dem "starken Mann“ zurückzuführen ist, wird sicher noch weitere An-,
Fehl- und Rückschläge absorbieren. In Jedioth prangert Ofer Shelach die
achselzuckende Gleichgültigkeit an, mit der die Öffentlichkeit die
Trostlosigkeit im israelisch-palästinensischen Konflikt und die schlimme
Wirtschaftslage aufnimmt.
"Da der Gegner den Terror nicht aufhalten
kann oder/und will und uns von der politischen Elite pausenlos
eingeredet wird, 'dass von dort, wo ZaHaL Positionen eingenommen hat,
keine Anschläge ausgehen', ist doch die unweigerliche Folgerung, dass
letztlich alle Gebiete, Westjordan und Gaza, wieder erobert werden
müssen.
Zu dieser dogmatischen These gibt es fast
keinen Protest, keine Forderung nach einer Alternative, keinen
Widerstand gegen die traurigen, resignierten Auffassung der
Staatsführung. Stattdessen herrschen Rachegefühle, eine Dämonisierung
Arafats, gerade so, als ob sein Verschwinden all unsere Probleme lösen
würde. Vor allem aber gibt es eine große Verzweiflung.
In dieser Situation
staunen wir dann noch über brillante Tricks des Regierungschefs in
völlig unerheblichen Angelegenheiten wie der Tagung der
Likud-Zentrale oder der Abstimmung über die Einsparungen (die unsere
Wirtschaftslage sowieso nicht ändern werden).
Was wirklich erstaunlich ist - oder
vielleicht auch schon wieder nicht: Niemand tritt auf den Plan. Keiner
entschließt sich dazu endlich das politische Vakuum auszufüllen, das
sich noch immer Arbeitspartei nennt. Niemand bietet eine Alternative zum
Weg Sharons.
Niemand macht die desolate
Sicherheitslage und den eindeutigen Zusammenhang zwischen der
verfahrenen Politik und der Wirtschaftskrise zu einem politischen
Anliegen, zu einer Kampfansage.
Unterdessen läuft die Sanduhr unserer
Existenz in diesem Raum aus - angesichts der steigenden Bedrohung aus
dem Iran und Irak, angesichts der Verzweiflung und Angst, die unseren
Alltag, unser Leben erfüllen.
Alle wissen das, aber keiner tut etwas.“
haGalil onLine 05-06-2002 |