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Gestern barchte die taz ein  Streitgespräch zwischen Mossi Raz vom links-liberalen Meretz-Bündnis und Igal Bibi von der Nationalreligiösen Partei über Möglichkeiten, den Konflikt zu beenden...

WEM GEHÖRT PALÄSTINA?

Für den orthoxen Politiker Igal Bibi kommt ein palästinensischer Staat nicht in Frage. Der linke Oppositionspolitiker Mossi Raz hält genau das für die einzige Lösung. Ein Streitgespräch.

Igal Bibi wurde 1942 in Tiberias geboren. Er ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Er lebt in der jüdischen Siedlung Gusch-Etzion bei Hebron. Nach der Ausbildung an einer orthodoxen Religionsschule studierte er politische Wissenschaft und Israelische Geschichte.
Bibi war Bürgermeister von Tiberias und hatte mehrere Vizeministerposten inne, darunter für Umwelt und Religion. Seine National-Religiöse Partei (NRP) ist derzeit nicht Mitglied der Koalitionsregierung. Seit 1988 ist Bibi Mitglied der Knesset, des israelischen Parlaments. Seine NRP lehnt grundsätzlich jeden territorialen Kompromiss mit den Palästinensern ab. Ein Staat Palästina an der Seite Israels kommt für die NRP nicht in Frage.

Mossi Raz wurde 1965 in Jerusalem geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er studierte Wirtschaft und ist von Beruf Steuerberater. Raz ist erst seit 1999 Mitglied der Knesset. Er war vorher Generalsekretär der Friedensbewegung "Peace now".
Raz ist Mitglied des linken Parteienbündnisses Meretz (zu deutsch Energie), das heute die größte Oppositionsfraktion in der Knesset stellt. Meretz repräsentiert große Teile der Friedensbewegung und arbeitet für Kompromisse mit den Palästinensern.

"Wie siamesische Zwillinge"
Moderation SUSANNE KNAUL

taz: Herr Bibi, Herr Raz, könnten Sie beide kurz Ihre Idealvorstellung einer Friedenslösung umreißen?

Igal Bibi: Das Land Israel gehört dem jüdischen Volk. Die erste Stufe wäre, dass die Palästinenser unser Land anerkennen. Ich glaube, dass das Modell der Europäischen Union das richtige wäre. In Europa gibt es heute keine Grenzen mehr. Jeder lebt sein Leben, jeder hat seine Kultur, aber man braucht keinen Pass, um von einem Staat in den anderen zu gelangen. Zu unserem Unglück befinden wir uns aber im Nahen Osten, mein Freund Mossi jedoch hat diese Tatsache noch nicht verinnerlicht. Der Nahe Osten - das sind eine Milliarde Muslime. Die meisten Kriege in den vergangenen 20 Jahren waren Kriege, die Araber gegen Araber führten. Allein im Iran-Irak-Krieg starben eine Million Araber. Es waren keine Juden, die diese Leute ermordet haben, keine jüdischen Besatzer. Wir reißen mal ein Haus ab oder machen einen Hubschrauber kaputt. Aber hier haben Muslime eine Million Muslime umgebracht.

Was hat das mit Israel zu tun?

Bibi: Das hat insofern mit Israel zu tun, als dass die Araber mit Israel von ihren eigenen Konflikten ablenken. Israel ist zum Punchingnall der muslimischen Welt geworden, und wenn Mossi Raz und seine Freunde glauben, dass wir ihnen nur morgen den Gaza-Streifen und das Westjordanland zu geben brauchen, und schon bricht hier der große Frieden aus …

Sie beantworten meine Frage nicht. Welche Lösung wünschen Sie sich für die Region?

Bibi: Der Staat gehört dem jüdischen Volk. Punkt. Sie sollen Autonomie haben. So wie es in Spanien Autonomie für die Basken gibt. Dazu bin ich auch bereit. Wer von einem Staat für die Palästinenser spricht, der muss wissen, dass das für Israel den Verlust der Kontrolle über die Grenzen zwischen Jordanien und den Palästinensern und zwischen Ägypten und den Palästinensern bedeutet. Die Palästinenser könnten ohne Probleme Waffen und Panzer hereinbringen. Das kann für Israel keine Lösung sein. Das Gerede von einem Staat ist deshalb ein einziger großer Bluff.

Mossi Raz: Glaubt Igal Bibi wirklich, dass das Problem allein mit Autonomie für die Palästinenser gelöst werden kann? Ja, es stimmt, dass das Land Israel dem jüdischen Volk gehört, aber es gehört auch dem palästinensischen Volk. Hier leben zwei Völker, und was vor 3.000 Jahren war, interessiert niemanden mehr. Ich bin sicher, dass, wenn wir zum Beispiel mit einem Buch von vor 3.000 Jahren zu den Schweden gekommen wären oder zu den Deutschen oder zu den Polen und ihnen gesagt hätten: Hört mal zu, dieses Land ist unser Land, dann hätten sie uns den Weg nach draußen gezeigt. So müssen wir das Problem verstehen. Der einzige Weg ist, dass beide Seiten zu einem Kompromiss kommen. Sprich: Wir werden unseren Staat haben und die Palästinenser ihren. Sie werden sich damit abfinden müssen, dass wir hier sind. Und wir müssen uns damit abfinden, dass sie hier sind. Alle Versuche, die palästinensische Führung zu stürzen … Ich glaube, dass das Ende der palästinensischen Autonomiebehörde auch zu einem Ende des Staates Israel führen würde. Wir sind wie siamesische Zwillinge. Deshalb müssen wir miteinander reden und zu einer Lösung über einen Staat und offene Grenzen und wirtschaftliche Kooperation kommen.

Sind Sie der Meinung, dass es auf der anderen Seite jemanden gibt, mit dem man reden und zu einer Lösung kommen kann?

Raz: Sicher. Dort ist ein Volk und es hat einen Führer: Arafat.

Herr Bibi, glauben Sie, dass mit Arafat eine Lösung erreicht werden kann?

Bibi: Ich sage, dass Arafat unser großes Glück ist. Arafat hat uns die wahre Position der Muslime gezeigt. Im Sommer vor zwei Jahren hat der damalige israelische Premierminister Ehud Barak bei den Verhandlungen in Camp David den Palästinensern 97 Prozent von Judäa und Samaria (Westjordanland) angeboten und die Hälfte von Jerusalem dazu. Außerdem sollten 100.000 palästinensische Flüchtlinge im israelischen Kernland reintegriert werden. Stellen Sie sich vor, dass das passiert wäre und es dann trotzdem eine Intifada gegeben hätte. Ojwawoj! Das israelische Volk hat das wahre Gesicht der palästinensischen Führung erkannt. Deshalb wird es eine so großzügige Lösung, wie Barak sie vorgeschlagen hat, nicht geben. Unsere erste Forderung ist: Feuerpause. Ist das so viel verlangt?

Es gibt fast täglich Terroranschläge. Wie können Sie da von Glück reden, dass Arafat auf der anderen Seite sitzt?

Bibi: Wir sind gegen den Terror und ich glaube, dass unsere Regierung nicht genügend dagegen unternimmt.

Raz: Die Menschen reagieren auf die Sprache der Gewalt. Barak bot Arafat damals in Camp David nur 80 Prozent des Gebietes an, nicht wie du sagst, 97 Prozent. Zwei Monate später wählte Arafat den Weg der Gewalt. Das Problem ist, dass er in Camp David 80 Prozent angeboten bekam und in Taba, bei den Verhandlungen, die Anfang 2001 geführt wurden, nachdem er bereits Gewalt angewendet hatte, sollte er schon 94 Prozent bekommen. Diese 94 Prozent hätte man ihm in Camp David anbieten sollen, dann hätte die Gewalt vielleicht verhindert werden können. Wir haben keine Alternative. Was soll das heißen: Wir reden nicht? Unsere Hardliner-Regierung sagt, wir reden nicht, bevor ihr das Feuer einstellt, und die palästinensische Führung sagt, wir reden nicht, bevor mit uns geredet wird. So geht diese skandalöse Intifada weiter und weiter. Die einzige Lösung kann nur ein völliger Abzug aus den palästinensischen Gebieten und die Auflösung der jüdischen Siedlungen sein.

Bibi: Du redest von meinem Land. Ich habe ein Mandat dafür bekommen.

Raz: Von wem?

Bibi: Vom Heiligen, gesegnet sei er.

Raz: Der Heilige, gesegnet sei er, interessiert weder mich noch die meisten anderen Israelis und ganz sicher nicht eine Milliarde Muslime.

Bibi: Sag mal Mossi, warum sind deine Eltern ausgerechnet nach Israel eingewandert. Warum sind sie nicht nach Uganda gegangen oder in irgendein anderes Land. Warum sind aus 120 Staaten in der Welt die Juden hierhergekommen? Das ist das uns versprochene Land, das Land unserer Väter.

Raz: Darin sind wir uns einig. Aber Du musst nicht denken, dass der Palästinenser kommt und sagt: Okay, du hast dieses Buch von vor 3.000 Jahren, also gehe ich besser weg von hier.

Bibi: Hier ist meine Geschichte. Hier ist mein Volk und mein Staat.

Raz: Seins auch.

Bibi: Das ist mein Land. Das ist unser Land, hier ist unsere Tradition. Sie haben noch 22 andere Staaten.

Raz: Und weil du darauf beharrst, müssen hier Menschen sterben.

Bibi: In den USA sterben auch Menschen, na und? Sollen die Amerikaner etwa die USA verlassen?

Raz: Die israelische Regierung tut alles, um die Gewalt andauern zu lassen. Es gab eine Weile keine Gewalt, und trotzdem setzte die Regierung die Exekutionen von verdächtigen Terroristen fort. Die meisten Israelis sind davon überzeugt, dass diese Militärstrategie die Gewalt nur noch verstärkt. Und genau das passiert. Aber wenigstens können wir jetzt wieder sagen: Seht, Arafat ist ein Verbrecher.

Bibi: Mossi Raz glaubt, dass Arafat der große Gerechte ist. Aber er ist ein Verbrecher und Mörder. Jedes moderne Land würde darauf reagieren. Wie die USA.

Raz: Was ist mit den USA?

Bibi: Was haben denn die USA in Afghanistan angerichtet, nur um einen einzigen Mann zu fangen?

Raz: Wegen ihrer fehlerhaften Politik haben die Amerikaner in Form der Katastrophe mit den Twin Towers die Quittung erhalten. Willst du dich so verhalten wie sie? Dann werden wir die gleichen Konsequenzen tragen müssen.

Bibi: Wenn man unserer Armee zwei Tage Handlungsfreiheit geben würde, dann gäbe es sehr schnell Ruhe.

Raz: Das haben wir schon mal gehört. Im Moment ist es so, dass jedesmal, wenn die Regierung scharf reagiert, sie noch schärfer zurückschießen. Und das ist logisch. Je mehr Palästinenser getötet werden, desto mehr Israelis müssen sterben. Denn sie denken genau wie Igal Bibi, der sagt: Sie greifen mich an, also greife ich sie an.

taz Nr. 6674 vom 12.2.2002, Seite 4, 224 Zeilen
Interview: SUSANNE KNAUL

haGalil onLine 13-02-2002

 

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