Das diplomatische Geschirr ist
beschädigt, die ganze Welt ist aufgebracht. Die UN, die EU und auch
US-Außenminister Powell fordern den Rückzug. Trotzdem, die Armee kann
die Aktion im Moment eigentlich gar nicht beenden, denn die
Terrorstrukturen sind bisher kaum geschwächt, der Hass aber enorm
gestärkt.
Noch fern von der Ziellinie
Ejthan Haber geht davon aus, dass Powells Ankunft der
Aktion in den palästinensischen Gebieten ein Ende machen wird: "Einen
oder zwei Tage nach seinem Eintreffen wird Israel sich gezwungen sehen,
das Feuer einzustellen - bis zum nächsten Mal. Nur wer nicht begreift,
wie sehr Israel von Amerika abhängig ist, kann vorschlagen, die Bitte
(oder den Befehl?) des amerikanischen Präsidenten in den Wind zu
schlagen", so Haber.
Unterdessen spricht sich Alex Fishman,
Militärkorrespondent der Jedioth achronoth, klar gegen einen Abbruch der
Aktion Schutzwall aus:
Wenn der Tod der 13 Reservisten der Schlussakkord der
Aktion "Schutzwall" sein sollte, werden alle Erfolge der Aktion schnell
vertan sein. Dieses Kapitel wird dann als Sieg in das palästinensische
Bewusstsein eingehen und binnen kürzester Zeit wird ein noch viel
erbitterterer Krieg beginnen.
Wenn es wegen der Ankunft Powells zur Einstellung der
Kampfhandlungen, zum Abzug aus den palästinensischen Städten und zum
Nachlassen des israelischen Drucks auf die palästinensische Terrorszene
kommen sollte, dann wird dies nur dazu führen, dass wir sehr bald wieder
in derselben Situation sind wie vor der Aktion, nur mit viel mehr
Kämpfen und viel mehr Opfern.
Powell wird kommen, konferieren, am nächsten Montag
zurückfahren und uns mit Arafats leeren Versprechungen und dem neuen
Mythos von ‘Jeningrad’ zurücklassen. Für diesen Mythos büßen wir jetzt
schon, wenn die Bilder über die Zerstörung des Flüchtlingslagers um die
Welt gehen.
Kairo hat die Familien israelischer Diplomaten und
Israelis, die dort nichts zu suchen haben, schon durch die Blume
aufgefordert, Ägypten schnellstens zu verlassen. Derweil gibt man auch
im Shin-Beth zu, dass die Terrorinfrastrukturen trotz aller Verhaftungen
und Verhöre immer noch nicht wesentlich zerstört werden konnten. Von der
Front wird berichtet, dass Terroranführer sich in die Dörfer geflüchtet
haben. Man müsste sie hinter jedem Strauch suchen.
In den letzten Tagen wurde über völlig neue
Zusammenschlüsse von Terrororganisationen berichtet, die Anschläge in
Israel und den besetzten Gebieten durchführen wollen, obwohl die Armee
Jagd auf sie macht. Noch ein Hinweis darauf, dass die Aktion nur ca. ein
Drittel der gesteckten Ziele erreicht hat.
Ähnlich äußert sich auch Josef Charif in M'ariw, der rät
abzuwarten, es sei noch nicht ganz klar, was Powell mit seiner
Nahostreise bezwecke. In diesem Kontext weist er auf eine interessante
Äußerung eines außenpolitischen US-Staatssekretärs hin, der sagte: "Im
Nahen Osten nährt ein zu starker äußerer Druck (auf Israel) in Richtung
auf einen diplomatischen Fortschritt die Illusion der arabischen Welt,
der Schlüssel zum Frieden liege nicht in der Kompromissbereitschaft der
Araber, sondern in der amerikanischen Bereitschaft, Israel unter Druck
zu setzen". Genau darauf könnte Arafat spekulieren, das Treffen mit
Powell könnte seiner diesbezüglichen Hoffnung neuen Auftrieb geben, so
Charif.
haGalil onLine 12-04-2002 |