HOFFNUNGSTRAHLEN:
Unterstützungsgruppe
Von Shlomo Hassid
Yediot Aharonot, 5.6.2001
Bei der Jugendmannschaft von Maccabi Jerusalem herrscht eine zwischen
Siedlern und Arabern selten erlebte Koexistenz. Die Spannung dieser Tage
hat die herzlichen Beziehungen zwischen den Mannschaftsmitgliedern nicht
zerstört.
Vor wenigen Tagen gelang es Jerusalem die sportliche Aufgabe zu
erfüllen, die sie sich zum Ziel gemacht hatte: jetzt ist Jerusalem
Meister der Landesliga im südlichen Bezirk, im nächsten Jahr wird die
Mannschaft also bei der Nationalliga antreten.
Die Mannschaftsmitglieder kommen wie gesagt aus sehr unterschiedlichen
Orten in der Gegend von Jerusalem.
Fadi Yagmor, der Pivot, kommt aus Anata. Borhan Alhtiv
wohnt in Shuafat und ist Maccabis Forward.
Avichai Izhaki, der beste Korbwerfer der Gruppe, wohnt in Badam.
Gabi Mendel, ein Einwohner von Gush Ezion ist der Guard, Uri
Gabai, ebenfalls Korbwerfer, wohnt im beschossenen Viertel Giloh.
Diese etwas seltsame menschliche Mischung erzielte ihre sportliche
Aufgabe indem sie ausgezeichneten Basketball spielte mit beispielhaftem
Mannschaftssinn und unendlicher Zusammengehörigkeit. Der
Mannschaftstrainer ist übrigens Alon Hassid, der ein gestricktes
Käppchen auf dem Kopf trägt.
GEMEINSAMER STOLZ
Bei der Mannschaft herrscht eine ausgezeichnete Atmosphäre, was ihr auch
dabei behilflich war, die Ziele zu erreichen, die sie sich dieses Jahr
gesetzt hatte.
Alon Hassid der Trainer: “Beim trainieren und bei den Spielen
spürten wir gar nicht, daß es Araber und Juden gibt. Sie bildeten eine
einzige Mannschaft. Irgendwann begannen die jüdischen Spieler, Arabisch
zu lernen, und die Araber lernten Hebräisch, einschließlich der Lieder
von Meir Banai. Alle wurden gute Freunde”.
Laden sie sich gegenseitig ein?
Das ist nicht so leicht. Aber nachts korrespondieren sie auf dem
Internet. Von Politik wird nicht gesprochen, obwohl bei uns sehr
unterschiedliche Meinungen vertreten sind. Manche sind von rechts,
andere von links, Religiöse, alles. Aber beim Basketball sind wir wie
eine einzige Familie. Auch meine eigene Einstellung behalte ich für
mich. So ist es beim Sport, dort gibt es keine Politik.
Wird Politik gar nicht erwähnt?
Ich werde Ihnen einen Witz erzählen. Vor einiger Zeit fand beim Jaffator
eine Demonstration für Jerusalem statt. Ein Spieler fragte Fadi, ob er
zur Demonstration kommt. Fadi sagt, wir gehen und rufen zusammen “Tod
den Arabern”. Dies wurde als Witz gesagt, und alle lachten.
Fadi, stört Sie die Lage nicht dabei, in einer solchen Mannschaft zu
spielen?
Nein, überhaupt nicht, ganz umgekehrt. Der Trainer ist gut, die Spieler
sind gut. Der Trainer spricht übrigens ausgezeichnet Arabisch.
Fadi spielte zuerst bei Hapoel, aber dort waren die Beziehungen nicht so
gut, so kam er zu Maccabi, wo er Forschritte machen konnte.
Fadi, wäre es für Sie ein Problem bei der israelischen Nationalmannschaft
zu spielen?
Keineswegs, ich wäre sogar froh, bei der Nationalmannschaft zu spielen.
Es wäre für mich eine große Ehre.
Borchan, warum sind Araber bei Fußball erfolgreicher als bei Basketball?
Wo ich wohne, ist Fußball beliebter als Basketball. Dort wird das
Basketballspielen nicht als wichtig betrachtet und Fußballspielen ist
das Gewohnte. Ich selbst habe immer Basketball geliebt. Ich habe einen
Verwandten, einen Vetter der Nasser heißt, der ein großer
Basketballspieler ist; ich wollte so werden wie er. Er spielte in
Kuwait; zur Zeit spielt er in Jordanien und wird bald nach Kuwait
zurückkehren.
Wollen Sie lieber hier oder in arabischen Ländern spielen?
Selbstverständlich hier. Ich will etwas für den palästinensischen Sport
tun. Im Sommer werden wir eine palästinensische Nationalmannschaft
haben, ich glaube, ich werde dazugehören.
Avichai Izhaki, was geschieht an Tagen, an denen ein Anschlag erfolgt,
haben Sie dann überhaupt Lust, Basketball zu spielen?
Ich wohne in einer Siedlung, die zwischen drei arabischen Dörfern liegt
– das gefährlichste von ihnen ist Hisma. Dort wird ab und zu geschossen,
es werden Steine geworfen. Aus diesem Grund steht dort zu unserem Schutz
ein gepanzertes Fahrzeug. Ich komme normal zum Training, versuche es auf
jeden Fall, solange uns die Landstraßen nicht gesperrt werden, weil
Schüsse aus Richtung des Dorfes befürchtet werden. Beim Basketball
vergißt man alles. Es werden einige Spiele gespielt, das ist alles.
Uri, wäre es ein guter Vorschlag zwischen Israelis und Palästinensern ein
Basketballspiel zu veranstalten statt zu kämpfen, um ein für alle Mal
die Auseinandersetzung zu regeln?
Wenn ein Basketballfreundschaftsspiel dabei helfen könnte, die Spannung
zu lösen, warum nicht?
Ist die Situation in der Mannschaft nicht etwas seltsam?
Etwas seltsames ist schon dabei, aber man muß sich darüber hinwegsetzen
und es in etwas freundliches verwandeln, das zur Brüderlichkeit
beiträgt.
Wie sind die Reaktionen in Ihrer Wohngegend?
Die rechtsextreme Mehrheit meint, es sei nicht in Ordnung, daß wir in
der Mannschaft arabische Spieler haben. Der andere Teil meint, es sei
eine schöne Sache, die zur Annäherung beiträgt.
Haben Ihre Gespräche mit den arabischen Mitspielern Ihre Einstellung
geändert?
Ich war immer dafür, mit unseren Brüdern zu spielen. Darin sehe ich kein
Problem.
Fürchten Sie nicht etwas, sie zu Besuch heimzubringen?
Überhaupt nicht.
Fadi, haben Sie keine Angst, nach Giloh zu kommen?
Nein.
Aber dort wird geschossen?
Ich habe keine Angst.
GEMEINSAME HOFFNUNG
Die Spiele in der Liga waren dieses Jahr sehr schwer. Ohne die guten
Beziehungen wäre der Aufstieg unmöglich gewesen. Alon Hassid: “Unsere
Aufstiegschancen waren nicht sehr gut. Wir konnten nur aus einem
einzigen Grund aufsteigen – wegen des Freundschaftssinn, der in der
Mannschaft herrschte. Wir beendeten den Training um 11 Uhr abends und
bei der Heimfahrt wurde auf uns geschossen. Fadi mußte mitten in der
Nacht nach Anata fahren, wenn keine Autobusse hinfahren. Das Dorf ist
weit. Ich brachte ihn halbwegs hin, dann fuhr er mit einem Taxi weiter.
“Ich hole die Spieler von Shuafat ab. Sie brachten mir ein Disc von Omar
Diab in Arabisch. Ich fahre in den Ort hinein und hole sie ab, wie die
Einheiten, die sich als Araber ausgeben. Beim Fahren sprechen wir von
politischen Fragen und sind uns darüber einverstanden, daß die
Auseinandersetzung so bald als möglich beendet werden muß, ohne daß
dabei Menschen gefährdet werden”.
Wenn es als von Euch abhinge, wäre die Auseinandersetzung schon gelöst?
Schon längst.
Borchan, was geschieht wenn ein Krieg ausbricht, kommt Ihr weiterhin?
Wenn Gefahr besteht werde ich nicht kommen, anderenfalls komme ich.
Am 11 dieses Monats werden die Mannschaftsmitglieder beim Bürgermeister
zu Gast sein. Olmert hörte, daß sie aufstiegen und schickte ihnen eine
Einladung ins Dorf Safra. Borchan sieht kein Problem dabei, Olmert zu
treffen: “Selbstverständlich komme ich, was soll diese Frage überhaupt?”
Borchan kennt sich übrigens bei israelischer Politik nicht aus. Olmert
kennt er nur aus Sendungen der CNN und seine Ansichten in Zusammenhang
mit Palästinensern sind ihm nicht klar.
Im vergangenen Jahr, als Maccabi Jugendmeister wurde und in die
Nationalliga aufstieg, wurde Borchan entdeckt und wurde zum bedeutenden
Partner bei jener Meisterschaft. Zusammen mit seinen Mitspielern kam er
zur Jugendmannschaft. Der einizge Unterschied ist natürlich die
politische Lage, die ganz verändert ist. Alon Hassid, der für die zwei
aufeinanderfolgende Erfolge von Maccabi verantwortlich ist, trägt den
Titel “Meisterschaftsunternehmer”.
Im nächsten Jahr wird Fadi bei den Erwachsenen spielen, Borchan bei der
Jugend. Ein Teil der Freunde werden zur Armee gehen. Die meistens
übrigens zu Kampfeinheiten. Im Laufe des vergangenen Jahres waren oft
Mitspieler bei wichtigen Spielen nicht dabei, weil sie an Treffen zwecks
Aufnahme bei Eliteeinheiten der I.V.K. teilnahmen, und Alon Hassid, der
Trainer, erwähnte dies bei seinen Anreden an die Mannschaft. Hassid:
“Ich mußte ihnen erklären, was diese Treffen bedeuten, sie haben dann
verstanden”.
Borchan, stört es Sie nicht, daß ein Teil Ihrer Mitspieler in der Armee
kämpfen werden?
Das ist eine natürliche Sache. Sie müssen hingehen. Es wird an unseren
guten Beziehungen nichts ändern. Schließlich sind wir Menschen und wir
haben Gefühle. Ich bringe sie dazu, gegenüber Arabern Gefuhle der Wärme
zu empfinden, was bei der Herzenannäherung helfen wird. Auch bei der
Armee wird dies sie begleiten. Ich will noch etwas hinzufügen: wenn in
unserem Alter kein Friede herrscht, dann wird hier nie Frieden herrschen
wenn wir älter sind.
haGalil onLine 24-06-2001
|