Donnerstag, 19. Juli 2001
Konflikt im Nahen Osten:
Israel beschließt aggressivere Terror-Bekämpfung
Soldaten und Panzer an Grenzen zum Autonomiegebiet verlegt
/ Peres: Größerer Militärschlag ist aber nicht geplant
Von Thorsten Schmitz
Jerusalem – Das israelische
Sicherheitskabinett hat am Mittwoch „weitere Schritte gegen den
palästinensischen Terror“ beschlossen. Nach zunächst unbestätigten
Rundfunkberichten beschlossen die Minister, die gezielten Angriffe auf
mutmaßliche palästinensische Terroristen fortzusetzen. Ein größerer
militärischer Schlag gegen die Palästinenser sei dagegen nicht geplant,
erklärte Außenminister Schimon Peres, der sich am Mittwoch zu Gesprächen
mit Großbritanniens Premierminister Tony Blair in London aufhielt. Der
Friedensprozess von Oslo sei „noch nicht tot“. Es gebe keine Alternative
zu ihm, sagte Peres.
Dessen ungeachtet hat die israelische Armee in der Nacht
zu Mittwoch Soldaten und Panzer an zahlreiche Grenzen zu
palästinensischen Autonomiegebieten wie Bethlehem und Dschenin verlegt.
In palästinensischen Medien hieß es, die israelische Armee plane,
palästinensische Gebiete zurückzuerobern. Die Autonomiebehörde warnte
Israel vor einer weiteren Eskalation und rief die Vereinten Nationen zur
Entsendung von Schutz- und Beobachtertruppen auf.
Palästinenserpräsident Jassir Arafat, der am Mittwoch zu
Gesprächen nach Kairo reiste, bezichtigte Israel der „bewussten
militärischen Eskalation“. Nach Angaben eines israelischen
Militärsprechers dienen die Truppenbewegungen der „Abschreckung“ nach
dem Angriff palästinensischer Extremisten auf den Jerusalemer Vorort
Gilo. Erstmals seit Ausbruch der Intifada vor fast zehn Monaten hatten
Palästinenser zwei Mörsergranaten auf den Vorort abgefeuert, der nach
israelischer Lesart zu Israel gehört, nach Ansicht von Palästinensern
jedoch eine Siedlung im Westjordanland ist. Die israelische Armee hatte
mit Panzerbeschuss auf den Gilo gegenüberliegenden palästinensischen Ort
Beit Dschala reagiert.
In israelischen Medien wurde spekuliert, dass ein
größerer militärischer Angriff gegen die Palästinenser unmittelbar
bevorstehe. Bereits am Dienstag hatte die israelische Armee von
Kampfhubschraubern aus Raketen auf ein Wohngebiet in Bethlehem
abgefeuert und vier hochrangige Mitglieder der radikal-islamischen
Hamas-Bewegung getötet. Nach israelischen Angaben hatten die vier
getöteten Männer einen großen Sprengstoffanschlag auf die
Abschlusskundgebung der derzeit in Jerusalem stattfindenden jüdischen
Olympiade, „Makkabiade“, geplant. Die Hamas drohte daraufhin mit
Vergeltung. Israel ist für die gezielte Tötung militanter Palästinenser
in der Vergangenheit mehrmals kritisiert worden, auch von den USA. Bei
dem Kabinettstreffen am Mittwoch wurde nach Medienberichten außerdem
beschlossen, die so genannte Grüne Grenze, die Israel vom Westjordanland
trennt, besser zu kontrollieren.
Zwar ist Palästinensern derzeit die Einreise nach Israel
untersagt, da die insgesamt 700 Kilometer lange Grüne Grenze aber an
sehr vielen Punkten durchlässig ist und nur wenige israelische
Kontrollpunkte aufweist, ist es für Palästinenser besonders im Schutz
der Dunkelheit einfach, in israelisches Staatsgebiet einzudringen. Ein
israelischer Regierungssprecher erklärte, jeden Tag würden bis zu 10000
Palästinenser illegal nach Israel einreisen. Insbesondere Bauarbeiter
würden auf der Suche nach Arbeit häufig die Grenze überschreiten.
Allerdings sind auch Selbstmordattentäter in der jüngsten Vergangenheit
immer wieder unbemerkt vom Westjordanland nach Israel gereist und haben
sich dort in die Luft gesprengt.
haGalil onLine
22-07-2001 |