Verwirrung über den Premier:
Scharon weckt den Teufel im Detail
Von Thorsten Schmitz
In Israel herrscht
Verwirrung über die Absichten von Regierungschef Ariel Scharon.
Einerseits sagt er Sätze, die einem links-liberalen Politiker
zugeschrieben werden könnten. Auf einer Sitzung seines
rechtsnationalen Likud verteidigte er die Annahme des
Friedensfahrplans damit, dass die "Besatzung eines Gebiets mit 3,5
Millionen Palästinensern schlecht" für Israel sei, für die
Palästinenser und die israelische Wirtschaft: "Wir müssen diesen
Zustand beenden". Es war das erste Mal, dass er das Wort "Besatzung"
überhaupt in den Mund nahm. 1,8 Millionen Palästinensern werde von
Hilfsorganisationen geholfen. "Wollt Ihr diese Aufgabe übernehmen?
Woher nehmen wir das Geld?", fragte Scharon.
Zugleich machte er deutlich, dass er nicht an
einen generellen Baustopp jüdischer Siedlungen im Westjordanland
denke, was der Friedensfahrplan allerdings explizit verlangt. Auf
die Frage, was ein Baustopp jüdischer Siedlungen für die Siedler
bedeute, versicherte Scharon: "Es wird in dieser Hinsicht keine
Beschränkungen geben, Sie werden für Ihre Kinder und Ihre Enkel
bauen können, und ich hoffe außerdem für die Kinder Ihrer Enkel!".
Zwar hat Scharons Kabinett die Friedensinitiative
des Nahost-Quartetts angenommen, doch diese im Gegensatz zu den
Palästinensern mit einem Katalog von Änderungen versehen. Die USA
haben Israel die Berücksichtigung der 14 Punkte zugesagt, was die
Umsetzung des Plans allerdings blockieren würde: Der
palästinensische Ministerpräsident Machmud Abbas besteht darauf,
dass Israel den Plan in seiner Ursprungsversion annimmt.
Die israelische Regierung verlangt unter anderem,
dass die Palästinenser ihre Forderung nach einer Rückkehr von vier
Millionen Flüchtlingen aufgeben – ein Ansinnen, das Abbas ablehnt.
Auch soll während des Friedensprozesses "absolute Ruhe" herrschen.
Während der ersten Phase sollen alle palästinensischen Terrormilizen
aufgelöst werden, darunter die Hamas, der Islamische Dschihad und
die Al-Aksa-Brigaden. Deren Waffen sollen allesamt an eine dritte
Partei übergeben werden. Abbas versucht jedoch nur, einen
einjährigen Waffenstillstand mit diesen Gruppen auszuhandeln, was
Israel wiederum ablehnt. Zugleich soll der Zeitrahmen aus dem Plan
gelöscht werden, der Ende 2003 die Schaffung eines vorläufigen und
2005 eines endgültigen Palästinenserstaates vorsieht.
Themen wie jüdische Siedlungen und die Zukunft
Jerusalems sollen zunächst ausgeklammert werden. Die israelischen
Truppen würden sich nur dann aus den wiederbesetzten
Palästinensergebieten zurückziehen, wenn "absolute Ruhe" herrscht –
der Plan verlangt jedoch, dass dies parallel zu der Entwaffnung der
Terrorgruppen geschieht. Am Ende des Friedensprozesses, so heißt es
in Einschränkung Nummer 7, soll das Ende aller Forderungen stehen –
und nicht nur das Ende des Konflikts.
hagalil.com
28-05-03 |