Initiative gilt in Jerusalem offenbar als gescheitert:
"Scharon glaubt nicht mehr an Friedensfahrplan"
US-Botschafter: Regierung fehlt
das Vertrauen in die Palästinenser / Tennenbaum des Landesverrats
verdächtig
Von Thorsten Schmitz
Tel Aviv – Die israelische Regierung unter
Premierminister Ariel Scharon betrachtet den Friedensfahrplan des
Nahost-Quartetts offenbar schon jetzt als nicht mehr umsetzbar. Wie
der Armeerundfunk und die Internetausgabe der Zeitung Jerusalem Post
am Donnerstag berichteten, erklärte der US-Botschafter in Israel,
Daniel Kurtzer, im Anschluss an ein Treffen mit
US-Regierungsvertretern, dass die israelische Regierung die Hoffnung
auf die Umsetzung des Friedensfahrplans unter der jetzigen
palästinensischen Führung aufgegeben habe.
Die US-Regierungsvertreter, darunter der
Sondergesandte William Burns, waren zuvor mit Scharon drei Stunden
lang in Jerusalem zusammengetroffen. Israel werde die von Scharon
für den Beginn des Sommers in Aussicht gestellten einseitigen
Maßnahmen zur Abtrennung von den Palästinensern definitiv umsetzen,
sagte Kurtzer. Dazu gehört die geplante Auflösung mehrerer jüdischer
Siedlungen im Gaza-Streifen. Die israelische Regierung sei der
Ansicht, es gebe auf palästinensischer Seite keinen Partner. Der
palästinensische Ministerpräsident Achmed Kurei könne oder wolle
sich nicht gegen Palästinenserpräsident Jassir Arafat durchsetzen.
Israel warte auf eine neue palästinensische Führung.
Kurtzers Äußerungen widersprachen einer Erklärung
aus dem Büro Scharons, wonach dieser den Friedensfahrplan als
"einzig akzeptable Lösung" bezeichnete. Bislang hatte Regierungschef
Scharon Kurei noch eine Frist bis Juni oder Juli eingeräumt, bevor
mit einer Abtrennung von den Palästinensern begonnen werden solle.
Bei dem Gespräch Scharons mit Burns und weiteren US-Vertretern am
Donnerstag erläuterte der israelische Regierungschef seinen Plan zur
Räumung von 17 jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen und von drei
Siedlungen im Westjordanland. Die Begegnung galt als Vorbereitung
für die Ende des Monats geplante Reise Scharons nach Washington, bei
der er US-Präsident George W. Bush treffen wird. In der Nacht zum
Donnerstag protestierten 5000 Siedler vor Scharons Amtssitz in
Jerusalem gegen die geplante Auflösung jüdischer Siedlungen im
Gaza-Streifen.
Geld aus dem Libanon
Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes sind
unterdessen nach Medienangaben zunehmend davon überzeugt, dass der
Israeli Elchanan Tennenbaum, der vor drei Wochen durch einen von
Deutschland vermittelten Gefangenenaustausch mit der Hisbollah
freigekommen ist, eine Entführung durch die Hisbollah nur
vorgetäuscht und im Libanon womöglich Landesverrat begangen habe.
"Wir glauben ihm kein einziges Wort", wurde in der Zeitung Maariv
ein Geheimdienstler zitiert, der an den Verhören mit Tennenbaum
teilnimmt. In den Medien wurde spekuliert, dass der hoch
verschuldete Oberst der Reserve Tennenbaum der Hisbollah in Beirut
Militärgeheimnisse preisgegeben und im Gegenzug Geld erhalten habe.
Scharon habe auf eine Rückkehr Tennenbaums gedrungen, um
herauszufinden, über welche Informationen nun die Hisbollah und also
auch Iran und Syrien verfügen.
hagalil.com
20-02-04 |