Scharon nennt erstmals Bedingungen für
Palästinenser-Staat
Scharon sprach sich zwar für die Bildung
eines palästinensischen Staates aus, knüpfte das aber an eine Reihe
strikter Bedingungen, deren Erfüllung durch die Palästinenser
zumindest in naher Zukunft ausgeschlossen scheint.
Von Thorsten Schmitz
(SZ vom 6.12.2002) Jerusalem – Zum ersten Mal seit
Beginn seiner Amtszeit vor mehr als zwanzig Monaten hat sich Israels
Premierminister Ariel Scharon detailliert darüber geäußert, wie er
sich die Zukunft im Nahen Osten nach einem Ende der Intifada
vorstellt.
Zwar sprach sich Scharon auf einer Konferenz am
Mittwochabend in Herzlia bei Tel Aviv für die Bildung eines
palästinensischen Staates aus, der auf 42 Prozent der Fläche des
Westjordanlandes und auf drei Vierteln des Gaza-Streifens errichtet
werden könne. Allerdings knüpfte Scharon die Staatsbildung an eine
Reihe strikter Bedingungen, deren Erfüllung durch die Palästinenser
zumindest in naher Zukunft ausgeschlossen scheint.
Der palästinensische Kommunalminister Saeb Erekat lehnte Scharons
Auflagen ab und warf ihm vor, er favorisiere eine weitere
Zwischenlösung. „Wir fordern aber einen Endstatus“, sagte er im
Namen der Autonomiebehörde. Scharons Äußerungen seien ein
Täuschungsversuch im Wahlkampf.
Scharon sprach sich für einen demilitarisierten Palästinenserstaat
aus, dessen Grenzen und Luftraum von Israel kontrolliert würden. In
seiner Rede, in der er mehrfach Bezug auf die Nahost-Ansprache von
US-Präsident George W. Bush im Juni nahm, erklärte Scharon, die
Wiederbesetzung palästinensischer Autonomiegebiete bedeute nicht,
dass Israel Interesse an einer Rückeroberung habe.
Die Präsenz der Armee diene der Sicherheit Israels, solange
palästinensischer Terror andauere. Mehrere Politiker aus dem rechten
Lager übten scharfe Kritik an Scharon und erklärten, ein Staat wäre
eine Belohnung für terroristische Palästinenser.
Scharon knüpfte die Gründung des Staates Palästina an strenge
Auflagen. Zuerst müsse die Gewalt völlig gestoppt sowie
Palästinenserpräsident Jassir Arafat abgelöst werden. Arafat wolle
keinen Frieden. Scharon bezweifelte auch den Sinn der für den 20.
Januar geplanten Wahlen in den Palästinensergebieten. Diesen müssten
die von den USA verlangten Reformen vorangehen.
Zu diesen gehöre die Ablösung Arafats, die Ernennung eines von den
USA und Israel akzeptierten Mittelsmannes, der die Umsetzung der
Reformen im Sicherheits- und Finanzbereich der Autonomiebehörde
überwache. Dieser Mittelsmann solle sicher stellen, dass die Wahlen
zum palästinensischen Parlament und zum neuen Vorsitzenden der
Autonomiebehörde demokratisch verliefen.
Über die Wahl in Israel am 28. Januar sagte Scharon, er würde nach
einem Sieg die Arbeitspartei „Awoda“ unter ihrem neuen Vorsitzenden
Amram Mitzna zum Mitregieren einladen. Scharon bezeichnete die
Juni-Ansprache Bushs als wegweisend, erwähnte jedoch mit keinem
einzigen Satz die Zukunft jüdischer Siedlungen im Westjordanland und
im Gaza-Streifen. Bush jedoch hatte von Israel im Gegenzug zu
palästinensischen Reformen einen Siedlungsbaustopp gefordert.
Auch vermied es Scharon, einen Zeitrahmen für die Umsetzung von
Reformen und den Ausruf eines palästinensischen Staates zu nennen.
Alles
Taktik:
Scharon zur Zukunft des Nahen Ostens
Israels Premier Ariel Scharon wählt seine Worte in rein
innenpolitischer Absicht. Mit seiner Rede über die Schaffung eines
palästinensischen Staates hat Scharon das politische Zentrum Israels
besetzt...
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08-12-2002 |