Der Unbeugsame gibt nach:
Scharon will Nahost-Fahrplan akzeptieren
Von Thorsten Schmitz
Auf der Sitzung des israelischen Kabinetts wird
es am Sonntag hoch hergehen. Der israelische Ministerpräsident Ariel
Scharon gab am Freitag bekannt, dass er dann über den
Friedensfahrplan des Nahost-Quartetts abstimmen lassen werde, den
bisher nur die Palästinenser akzeptiert haben. Der Premier erklärte
sich bereit, den jüngsten Nahost- Friedensplan "in den darin
festgelegten Schritten" zu akzeptieren.
Bei der Kabinettssitzung muss Scharon allerdings
mit heftiger Opposition seiner rechten und orthodoxen
Koalitionspartner rechnen, die strikt gegen einen Palästinenserstaat
sind. Auch in Scharons Likud-Partei gibt es noch immer massive
Vorbehalte. In den vergangenen Tagen haben sich bereits enttäuschte
Likud-Mitglieder verbündet, die gegen den Plan opponieren.
Der unter US-Führung ausgearbeitete Plan von
Vertretern der EU, Russlands und der UN sieht in drei Phasen bis
2005 die Bildung eines Palästinenserstaates vor. In der ersten Phase
sollen die Palästinenser die Gewalt einstellen. Im Gegenzug
verpflichtet sich Israel unter anderem, seine Truppen aus autonomen
Palästinensergebieten abzuziehen und illegale Außenposten jüdischer
Siedlungen zu evakuieren.
Die New York Times hatte am Freitag gemeldet,
Scharon und US-Präsident George Bush hätten sich auf Formulierungen
geeinigt, die Israel die Akzeptanz des Plans erleichterten. Generell
sollen Israels Bedenken bei der Umsetzung der Friedensinitiative
berücksichtigt werden. Der Zeitung zufolge vereinbarte Scharons
Büroleiter Dov Weisglass mit Bush, dass Israel "generell" den Plan
annimmt – mit einem Recht auf Einspruch in Detailfragen.
US-Außenminister Colin Powell machte in Paris jedenfalls klar, dass
die Einwände Israels berücksichtigt würden, wenngleich der Plan
nicht geändert werde. Scharon hatte sich bislang geweigert, den
Friedensplan anzunehmen, solange dieser eine Lösung für
palästinensische Flüchtlinge anstrebt und Evakuierungen jüdischer
Siedlungen fordert.
Bush übt offenbar angesichts der weltweiten
Terrorwelle Druck auf Israel aus, mit der Umsetzung des
Friedensfahrplans so schnell wie möglich zu beginnen. Der
palästinensische Premier Machmud Abbas hatte erklärt, solange Israel
den Plan nicht akzeptiert, werde er nicht gegen die Terrormilizen
vorgehen. Obwohl er bisher weder die Intifada stoppen noch den
Einfluss von Palästinenserpräsident Jassir Arafat auf das
Regierungsgeschäft mindern konnte, versucht die US-Regierung, Abbas
zu stärken. Dazu gehört ein Gipfeltreffen Bushs mit Abbas und
Scharon im ägyptischen Scharm el-Scheich, das vom Weißen Haus für
Anfang Juni in Aussicht gestellt wird – allerdings nur, wenn Israel
zuvor den Plan akzeptiert.
Unklar war zunächst jedoch, wie Scharons
Regierungspartner auf die verkündete Abstimmung reagieren würden.
Sogar mit einem Bruch der Koalition wurde gerechnet. Allerdings
spekuliert der Premier selber sogar auf einen Koalitionsbruch – und
den Einzug der Arbeitspartei Awoda unter Führung des
Friedensnobelpreisträgers Schimon Peres in die Regierung. Die Awoda
nämlich befürwortet einen Palästinenserstaat. Sollte Peres die
derzeit führungslose Partei leiten, stünde einer Beschleunigung des
Friedensprozesses nichts im Wege: Peres hat bereits eine Koalition
mit dem Likud in Aussicht gestellt, sollte Scharon den Friedensplan
akzeptieren.
hagalil.com
25-05-03 |