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Der Ehrgeiz der besorgten Welt

US-Außenminister Powell im Nahen Osten: Nur die israelische Bevölkerung kann die Politik Israels ändern. Dazu aber bedarf es einer glaubwürdigen Alternative zum Krieg

Von Avi Primor

Vorige Woche flog US-Außenminister Colin Powell zunächst nach Madrid, wo er sich mit europäischen Politikern und UN-Generalsekretär Kofi Anan traf, um eine gemeinsame Nahostpolitik zu entwerfen. Für die Europäer ist es ein dringendes Anliegen: Die unbeständige Lage in Israel, im palästinensischen Autonomiegebiet und damit in der gesamten arabischen Welt gefährdet die Interessen des alten Kontinents unmittelbar. Aber Europa ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, inwiefern die Amerikaner über die Unruhe im Nahen Osten besorgt sind, inwiefern sie davon ausgehen, dass ihre Interessen von dem Konflikt in diesem Teil der Welt bedroht sind, und ob sie bereit sind, sich für eine Lösung einzusetzen.

Die Europäer hätten mehr bewegen können, sind aber blockiert, weil sie immer noch keine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik haben. Auch die Vereinten Nationen und das heutige Russland können ohne die USA nichts bewegen. Ohne amerikanische Unterstützung und ohne amerikanische materielle Teilnahme hat keiner der Nahostpläne, die in den letzten Tagen und Wochen fieberhaft entworfen wurden, eine Chance auf Umsetzung. Auch die Regierungen der arabischen Welt können ohne Amerika wenig bewegen - auch wenn sich sogar die proamerikanischsten unter ihnen aufgrund der aufgewühlten Gefühle in ihrer Bevölkerung um ihre Stabilität, ja um ihr politisches Überleben sorgen müssen.

Der letzte Gipfel der arabischen Staats- und Regierungschefs in Beirut Ende März hat den mutigen und erfreulichen Saudi-Friedensplan pauschal, wenn auch in etwas verwässerter Form als Grundlage seiner Politik akzeptiert. Aber trotzdem wird die arabische Welt weder Israelis noch Palästinenser aufgrund dieses Plans an den Verhandlungstisch zwingen können. Einzig die Amerikaner haben die Macht, Druck auf den unmittelbaren Kontrahenten auszuüben und ihnen gleichzeitig die Garantien zu gewährleisten, die für eine eventuelle Vereinbarung unentbehrlich sind.

Aber seitdem George W. Bush im Januar 2001 an die Macht gekommen ist, sieht es nicht so aus, als würden die USA das geringste Interesse haben, sich im Nahen Osten zu engagieren. Denn erstens hat Bush eine Abneigung gegen dieses Thema, weil es zu denen seines Vorgängers gehörte. Und zweitens sind dessen Bemühungen auch noch gescheitert. Es gibt also keinen Grund, weshalb der amtierende Präsident der USA das Gleiche noch einmal versuchen sollte. Zudem steht die neue amerikanische Regierung offensichtlich auf dem Standpunkt, dass sich ihre Interessen im Nahen Osten einigermaßen geändert haben.

Für die USA ist die arabische Welt nicht mehr so wichtig wie zu Zeiten des ersten Präsidenten Bush. Damals herrschte noch der Kalte Krieg, die Sowjetunion existierte, und die Abhängigkeit der USA und der westlichen Welt insgesamt vom arabischen Öl war erheblich größer als heute. Mittlerweile ist Amerika die einzige Weltmacht. Öl bekommt sie nicht mehr nur aus dem Nahen Osten, sondern unter anderem auch von ehemaligen Sowjetrepubliken. Zudem hat der Krieg in Afghanistan Präsident Bush den Beweis dafür geliefert, dass die Unterstützung der arabischen Welt in Zeiten des Krieges nicht allzu verlässlich ist - und vor allem unnötig. Denn den Afghanistankrieg haben die USA ohne arabische Unterstützung gewonnen.

Wenn sich also Israelis und Palästinenser gegenseitig zerfleischen, dann ist das für Amerika an sich kein Problem. Mag die öffentliche Meinung in Europa von der Tragödie der Palästinenser noch so betroffen sein - Amerikaner interessieren sich weit weniger für die Außenwelt. Und wenn sie dazu gezwungen sind, wie etwa nach dem 11. September, dann schätzen sie die Situation in einer äußerst oberflächlichen Art und Weise ein, die an das Schema eines Western erinnert: Hier sind die Bösen, dort die Guten, und Nuancen dazwischen gibt es nicht. Derzeit sind die Bösen für die meisten Amerikaner die Muslime - egal ob sie Tschetschenen, Iraner, Iraker, Afghanen oder Palästinenser sind.

Hinzu kommt, dass Arafat George W. Bush mehrmals persönlich beleidigt hat, und das in einer Art und Weise, die bei Bush zu einer grundsätzlichen Abneigung gegen den Autonomiepräsidenten geführt hat. Das wirkt natürlich auch auf die amerikanische Bevölkerung. Im Gegensatz zu europäischen Regierungen steht Bush jr. also kaum unter dem Druck seiner Bevölkerung, die Palästinenser zu retten.

Dennoch braucht die US-Regierung heute Ruhe im Nahen Osten, wenn sie ihre Freunde in der arabischen Welt von ihren wütenden Bevölkerungen retten und ihren angeblich bevorstehenden Feldzug gegen den Irak professionell vorbereiten will. Nur: Was bedeutet Ruhe? Echte Ruhe würden natürlich nur ein echter Friedensprozess und eine permante Lösung des israelisch-palästinensischen Problems gewährleisten. Aber die Amerikaner werden sich wahrscheinlich mit erheblich weniger zufrieden geben. Eine Lösung der Krise im Nahen Osten werden sie bestimmt als wünschenswert betrachten - nicht aber als so unentbehrlich, dass sie dem Problem besonders viel Mühe widmen müssten. Für die USA wäre auch ein vorübergehender Waffenstillstand befriedigend.

Die ersten Tage des Powell-Besuches im Nahen Osten haben Präsident Bushs Außenminister klar gemacht, wie schwierig die Lage vor Ort ist. Am Tag seines ersten Jerusalembesuchs - kurz nachdem Powell erste Gespräche mit der israelischen Regierung geführt hatte und sich vorbereitete, gegen den Willen dieser Regierung Jassir Arafat zu treffen - konnte er fast persönlich das Ergebnis eines mörderischen Terroranschlags in Jerusalem beobachten. Unter solchen Umständen will die empörte und verzweifelte israelische Bevölkerung kaum von Feuerpausen hören - und noch weniger von Friedensgesprächen. Im Gegenteil: Jetzt wollen die Israelis unbedingt und ausschließlich mit ihren eigenen Streitkräften die Terroristen beseitigen und deren Infrastruktur zerstören.

Die Stimmung bei den Palästinensern ist nicht viel erfreulicher. Nach dem, was sie in den vergangenen Monaten und besonders in den vergangenen zwei Wochen durchlebt haben, sind beschwichtigende Parolen im Autonomiegebiet nicht besonders angebracht. Dennoch werden die Amerikaner einen Waffenstillstand erzwingen. Dennoch werden sie sich bemühen, Verhandlungen ins Leben zu rufen - und sei es nur, um die arabischen Freunde zu beruhigen und die Vorbereitungen des Einsatzes gegen den Irak nicht zu behindern. All dies wird vorübergehend sein - was bedeutet, dass die Gewalt wieder ausbrechen wird. Und zwar wahrscheinlich in einer gravierenderen Art und Weise als bisher.

Wie kann man also diese Spirale der Gewalt durchbrechen, wenn es die arabischen Staaten, die Russen, die Europäer, die UN nicht können und die Amerikaner nicht dazu bereit sind? Es gibt nur eine Macht, die die israelische Politik ändern und die israelische Regierung zu Zugeständnissen drängen kann: die israelische Bevölkerung. Die Frage, ob die Israelis bereit wären, den Palästinensern Zugeständnisse zu machen, die palästinensischen Gebiete und die Siedlungen zu räumen und einen Palästinenserstaat anzuerkennen, bejahen in Meinungsumfragen etwa 70 Prozent der Befragten. Gleichermaßen aber äußert eine ähnliche Mehrheit Unterstützung für den Kurs der Regierung Scharon. Die Erklärung für diese scheinbar widersprüchliche Haltung ist: Die Israelis wären zu den weitestgehenden Zugeständnissen bereit, könnten sie davon überzeugt werden, dass sie einen ehrlichen Gesprächspartner haben, der ihnen einen glaubwürdigen Frieden und Sicherheit gewährleistet.

Seit dem Scheitern der Verhandlungen der Barak-Regierung mit den Palästinensern im Jahr 2000 sind die Israelis fest davon überzeugt, dass die Palästinenser keinen Kompromiss akzeptieren wollen, dass sie jegliches Friedensangebot mit Gewalt erwidern und dass sie letzten Endes den Staat Israel zerstören wollen. Die Terroranschläge, die meistens nicht in den palästinensischen Gebieten oder in den Siedlungen stattfinden, sondern in dem Kernland Israel, sind für die meisten Israelis der Beweis dafür. Solange sie daran glauben, solange man sie nicht davon überzeugen kann, dass es eine friedliche Alternative gibt, werden die Israelis auch glauben, dass ihnen nichts übrig bleibt, als sich zu verteidigen. Es sollte der Ehrgeiz der besorgten Welt sein, ihnen eine glaubwürdige Alternative zu diesem Glauben zu unterbreiten.

haGalil onLine 16-04-2002

 

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