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Jabotinskys Kinder:
Warum mit dem Likud kein Frieden in Nahost möglich ist

Von Richard Chaim Schneider
Süddeutsche Zeitung, 05.02.03

"Es kann kein freiwilliges Abkommen zwischen den palästinensischen Arabern und uns geben. Nicht jetzt, nicht in absehbarer Zukunft ... es ist buchstäblich unmöglich, von den palästinensischen Arabern die freiwillige Zustimmung zu erhalten, 'Palästina' von einem arabischen Land in ein Land mit jüdischer Mehrheit zu verwandeln." Ariel Scharon, der alte und neue Ministerpräsident Israels, kennt diese Worte von Ze’ev Vladimir Jabotinsky aus dem Jahr 1923 gewiss.

Die Lehre des Ze’ev Jabotinsky, des Begründers des "revisionistischen Zionismus", ist die Ideologie der Likud-Partei bis heute. Sie steht in scharfem Kontrast zur Arbeiterpartei, die ihren Ursprung im sozialistischen Zionismus des Staatsgründers David Ben Gurion hat. Während der pragmatische Ben Gurion in kleinen Schritten den jüdischen Staat schuf, hatte Jabotinsky stets das Maximum im Blick: "Eretz Israel", das ganze "Land Israel" unter Einschluss der heutigen besetzten Gebiete und von Teilen Jordaniens am Ostufer des Jordans.

Anders als Ben Gurion hielt Jabotinsky arabischen Widerstand für unvermeidlich, Versuche einer "Verständigung" bei der Staatsgründung für vergeudete Zeit und militärische Überlegenheit für die entscheidende Voraussetzung für deren Gelingen. Jabotinsky war jedoch, im Gegensatz zu seinem wichtigsten Schüler Menachem Begin, kein Befürworter des Terrors. Nach anfänglicher Begeisterung für den charismatischen Begin irritierte ihn dessen Forderung nach einem militanten Zionismus. Begin schuf in Palästina die Terrororganisation "Irgun" nach dem Vorbild Garibaldis, vor allem aber der IRA. Für Ben Gurion waren der Irgun und die noch radikalere Terrorgruppe "Lehi" Abkömmlinge der europäischen Rechten, die er bekämpfte.

Die Arroganz der Linken

Die Auseinandersetzung zwischen Revisionisten und Sozialisten setzte sich auch nach der Staatsgründung in der Knesset fort. Begin wurde mit seiner Herut-Partei Oppositionsführer, gelangte aber erst 1977 an die Macht. Seinen Wahlsieg verdankte er unter anderem dem 6-Tage-Krieg von 1967, der Israel die Eroberung der Westbank, Gazas und der bedeutendsten Heiligtümer des Judentums brachte. Der Traum Jabotinskys von "Ganz Israel" war näher gerückt. Euphorie erfasste das Land, selbst die Arbeiterpartei befürwortete eine Besiedlung der Westbank. Die Linke schien nach dreißig Jahren im Amt und der Beinahe-Niederlage im Jom-Kippur-Krieg als "Sicherheitsrisiko". Und: Während die Linke, die vor allem aus europäischen säkularen Intellektuellen bestand, Millionen Neueinwanderer aus den arabischen Ländern voller Arroganz behandelte, gelang es dem praktizierenden Juden Begin, die religiösen und politisch konservativen Sefardim auf die Seite des neuen Likud-Blocks zu ziehen. Das ist bis heute so.

Mit Begin als Ministerpräsident gelangte der Revisionismus an die Macht, und die beiden wichtigsten Forderungen dieser Ideologie wurden Staatsräson: Erstens durfte kein Quadratmeter jüdischen Bodens je aufgegeben werden, und zweitens galt militärische Gewalt als einzige Sprache, die die Araber verstehen. Die Rückgabe des Sinai an Ägypten und der Frieden mit dem Nachbarstaat widersprachen diesen Prinzipien nicht, denn die Halbinsel galt nicht als Teil von "Eretz Israel". Entscheidender war Begins Verhandlungsgeschick. Im Abkommen von Camp David ist die Rede von einer palästinensischen Autonomie – im Sinne Jabotinskys. Wie sie aussehen, wann sie beginnen sollte, blieb offen. Hier offenbart sich ein Muster aller Likud- Politiker. Sie taktieren, um Zeit zu gewinnen, neue Tatsachen zu schaffen und eine Rückgabe der Gebiete hinauszuschieben: Mit dem Likud ist ein Palästinenserstaat nicht zu machen. Die Phrase, dass nur mit den Rechten Frieden zu machen sei, ist ein Propagandatrick.

Der Gegensatz zwischen Linken und Rechten wurde in der Amtszeit Begins durch den Libanon-Krieg von 1982 fast unüberbrückbar. Der damalige Verteidigungsminister Ariel Scharon hatte, wie Shimon Peres, seine politische Heimat ursprünglich in der Arbeiterpartei "Mapai" Ben Gurions. Doch sein Hass auf die Palästinenser korrespondierte mit den revisionistischen Zielen Begins.

Als Premier wurde Begin zum Opfer Scharons, denn dieser ließ den Regierungschef und das Kabinett über seine militärischen Ziele im Unklaren und löste das größte Desaster in der noch jungen israelischen Geschichte aus. Allerdings war Begin oft gewarnt worden, Scharon als Verteidigungsminister einzusetzen. In seiner Armeezeit war Scharon durch die Missachtung von Befehlen aufgefallen, er setzte das Leben seiner Soldaten unnötig aufs Spiel. Doch nach dem Massaker christlicher Phalangisten an den Palästinensern in Sabra und Schatila, das unter den Augen der israelischen Armee geschah, musste er gehen. Begin dankte ab. Die israelische Gesellschaft stand unter Schock, dennoch blieb der Likud an der Macht. Begins Nachfolger wurde Jitzhak Schamir, der ideologisch noch weiter rechts stand. Einst Mitglied der "Lehi", blieb er den politischen Zielen des Lehi-Gründers Abraham Stern auch als Ministerpräsident treu. Die Lehi-Mitglieder übernahmen Sterns "18 Prinzipien der nationalen Erneuerung", in denen er die Grenzen Israels nach Genesis 15:18 definierte: "Deinen Nachkommen habe ich das Land gegeben, vom großen Fluss Ägyptens, bis zum großen Fluss, dem Fluss Euphrat." Diese Forderung stellte Jabotinskys Vorstellungen noch in den Schatten, sie verlangten die Eroberung des Landes mit dem "Schwert" allein und formulieren den ewigen und absoluten Anspruch der Juden auf das Land.

Schamir hat diese Prinzipien als Premierminister nie verraten. Mit seiner Teilnahme an der Madrider Friedenskonferenz vertuschte er seine wahren Absichten nur. Zum Frieden mit den arabischen Nachbarn war er gern bereit, zur Rückgabe besetzter Gebiete niemals. Diese blieb der Arbeiterpartei unter Jitzhak Rabin vorbehalten.

Schamir begann eine systematische Kampagne gegen die PLO und den Terrorismus mit Hilfe seines Uno-Botschafters Benjamin Netanjahu und des späteren Verteidigungsministers Moshe Arens. Netanjahu war überzeugt, dass arabischer Widerstand so lange existieren würde, wie die Palästinenser noch Hoffnung hätten, die Juden "ins Meer zu treiben", wie Jabotinsky es formulierte. Deswegen durfte die PLO niemals als Verhandlungspartner anerkannt werden. Geschickt nutzte Netanjahu die westliche Angst vor dem internationalen Terrorismus und brandmarkte Arafat als Hauptschuldigen für jeden Angriff auf Israel. Denn falls Arafat kein Terrorist mehr wäre, warum sollte man die besetzten Gebiete nicht zurückgeben? So aber konnte Israel die Rückgabe verweigern, offiziell aus Gründen der Sicherheit, in Wirklichkeit aus ideologischen Gründen. Dass unter der Regierung Netanjahus das Wye-Abkommen mit dem Abzug aus einem Teil Hebrons vollzogen wurde, war eine demokratische Notwendigkeit. Netanjahu erkannte zwar den Oslo-Vertrag nicht an, gezwungenermaßen aber "die Fakten, die Oslo geschaffen hatte". Die Rückgabe Hebrons löste innerhalb des Likud eine Krise aus. Doch Netanjahu bot das Wye-Abkommen die Möglichkeit, nach außen Flexibilität zu beweisen, aber weitere Vereinbarungen hinauszuschieben.

Unter Scharon werden sich die Taktiken des Likud auch künftig nicht ändern. Inzwischen haben unzählige Parteien die Vorstellungen Jabotinskys übernommen. Der Revisionismus ist zur Mehrheitsideologie in der Knesset geworden. Prinzipiell akzeptiert die Mehrheit der Israelis die Idee eines Palästinenserstaates. Doch seit Camp David 2000 formulieren auch Arafat und die Hamas Maximalforderungen und stellen die Existenz Israels erneut in Frage. Damit aber spielen sie dem Likud in die Hände. Die Palästinenser scheinen Jabotinsky recht zu geben. Scharon kann sich bei seinem Feind in Ramallah für den Machterhalt bedanken.

hagalil.com 05-02-2003

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