Viertes Treffen der Regierungschefs:
Scharon und Abbas verhandeln über Gefangene
Israel zur Freilassung von 450
Palästinensern bereit/Auch Gespräche über Lockerung des Reiseverbots
für Arafat
Von Thorsten Schmitz
Jerusalem – Israels Premierminister Ariel
Scharon und sein palästinensischer Kollege Machmud Abbas haben am
Sonntag in Jerusalem erneut ein persönliches Gespräch über die
weitere Umsetzung des Nahost- Friedensfahrplans geführt. Im
Mittelpunkt des vierten Treffens stand nach übereinstimmenden
palästinensischen und israelischen Angaben die Frage nach dem
Schicksal der etwa 6000 palästinensischen Gefangenen in israelischen
Haftanstalten.
Abbas hatte vor der Zusammenkunft, an der unter
anderen auch der palästinensische Sicherheitschef Mohammed Dachlan
teilnahm, in arabischen Medien erklärt, er werde von Scharon die
Freilassung Tausender palästinensischer Gefangener verlangen. Er
erwarte von der israelischen Regierung eine Liste mit den Namen der
freizulassenden Gefangenen. Sollte Scharon nicht zu einer
Freilassung bereit sein, sei dies ein Beweis dafür, dass Israel den
Friedensprozess verzögere. Die palästinensische Regierung verlangt
außerdem ein Ende der Besatzung, einen Baustopp jüdischer Siedlungen
im Westjordanland und im Gaza-Streifen sowie den Abriss des im Bau
befindlichen Sperrzauns entlang der Grünen Grenze, der das
Westjordanland vom israelischen Kerngebiet trennt und potenzielle
palästinensische Attentäter abhalten soll.
Israelischen Medienberichten zufolge ist die
Regierung Scharon zur Freilassung von zunächst 450 Gefangenen
bereit. Darunter befänden sich Mitglieder der Terror-Organisationen
Hamas und Islamischer Dschihad, die jedoch nicht in Terrorakte
verwickelt gewesen seien. Die Terrorgruppen hatten ihre mehrmonatige
Waffenruhe unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass Israel alle
palästinensischen Gefangenen freilässt. Im Nahost-Friedensfahrplan,
der in drei Phasen bis 2005 die Schaffung eines Palästinenserstaates
anstrebt, wird die Freilassung palästinensischer Gefangener nicht
verlangt.
Bei dem Gespräch soll es israelischen
Medienberichten zufolge auch um Palästinenserpräsident Jassir Arafat
gegangen sein. Dieser sitzt seit mehr als eineinhalb Jahren quasi
unter israelischem Hausarrest in seinem Hauptquartier in Ramallah im
Westjordanland. Abbas soll Scharon darum gebeten haben, Arafat
Reisen ins Ausland zu erlauben. Bislang hatte die israelische
Regierung argumentiert, Arafat sei kein Partner für den
Friedensprozess. Er habe die Gewalt gegen Israel initiiert und
gefördert. Arafat könne zwar jederzeit ausreisen, ihm würde jedoch
die Wiedereinreise verweigert. Auf dem Höhepunkt der Gewalt hatten
israelische Politiker mehrmals die Zwangsausweisung Arafats
gefordert, was von Scharon stets abgelehnt worden ist.
Das Treffen von Abbas und Scharon ist der Auftakt
intensiver diplomatischer Begegnungen, die den palästinensischen
Regierungschef diese Woche zudem nach Amman und Ägypten führen. Am
Freitag wird Abbas in Washington zu Gesprächen mit US-Präsident
George Bush erwartet, am Samstagabend ist ein Treffen Bushs mit
Scharon im Weißen Haus geplant. Abbas und Scharon werden in
Washington nicht zusammentreffen.
Nach der Entführung des Gouverneurs von Dschenin
im Westjordanland durch Mitglieder der "Al-Aksa-Brigaden" hat
Sicherheitschef Dachlan am Sonntag eine groß angelegte Kampagne zur
Wiederherstellung von Recht und Ordnung in den Palästinensergebieten
angekündigt. Die Terroristen hatten den Gouverneur der Kollaboration
mit Israel bezichtigt und öffentlich misshandelt. Arafat hatte
dessen Freilassung verfügt.
hagalil.com
21-07-03 |