Aus der haArez-Beilage „Das
Zeitalter des Euro“
Ein melancholischer Abschied
von der D-Mark
Stefan Buchen, Klaus Aschmann
Dünner jedoch hartnäckiger Regen
fällt auf die roten Backsteinhäuser im Ham Viertel in Hamburg. Die
meisten Passanten sind ältere Leute in dicken Mänteln. Sie tragen
Plastik- oder Stofftüten. Sie gehen langsam. Mit müden Beinen treten sie
auf nasse Blätter, die vor einem Monat von den Bäumen gefallen sind.
Seitdem sind die Bäume nackt. Das Arbeiterviertel mit vier-
fünfstöckigen Häusern, ist nun ohne jeden Schmuck.
Seitdem das Viertel zu Beginn der
50-er Jahre wiederaufgebaut wurde, haben seine Bewohner ihren
Lebensstandard langsam aber sicher verbessert. Im Zweiten Weltkrieg
wurden die Gebäude bei den Luftangriffen der Alliierten zerstört, wie
auch 90% der bebauten Fläche der Hafenstadt Hamburg. Der Neubeginn war
schwer. Eine Badewanne im Keller für acht Familien, die Kohleöfen
konnten die kleinen Wohnungen nicht richtig wärmen und trugen in erster
Linie zur Luftverschmutzung bei. Heute ist jede Wohnung mit einem
Badezimmer ausgestattet, mit Elektroöfen und dicken Fenster, die vor den
stürmischen Meeresstürmen schützen.
Das letzte Andenken an die alte
Wohnkultur ist die gemeinsame Waschmaschine, die in einem der Keller
steht. Die Maschine kann von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends
benützt werden. Danach nicht mehr. Die Arbeiter, die in dem Viertel
wohnen, gegen zeitig schlafen. Sie verrichten harte körperliche Arbeit
am Hamburger Hafen, oder arbeiten bei einer der vielen Handelsfirmen in
der Stadt. Durch diese Jobs konnten sie kleine Ersparnisse anlegen, mit
deren Hilfe sie dann die Wohnungen kauften, in welchen sie nun seit fünf
Jahrzehnten leben.
Sie verbinden die Verbesserung ihres
Lebensstandards und ihre wirtschaftliche Sicherheit mit der Stabilität
der Währung, in der ihnen seit 52 Jahren ihr Gehalt ausgezahlt wird: Die
Deutsche Mark. Die Gehälter sind nicht hoch, durchschnittlich 2500 Mark
im Monat, aber der Wert der Währung und ihre Kaufkraft waren in all den
Jahren eine Selbstverständlichkeit, etwas, das die Bürger von Ham immer
wieder veranlaßte, in aller Früh aufzustehen, zur Arbeit zu gehen und
Pfennig für Pfennig zusammenzusparen.
Die Mark gilt als der Motor, der in
den 50-er und 60-er Jahren das „deutsche Wirtschaftswunder“ angetrieben
hat. Die Inflationsrate in der Bundesrepublik bewegt sich zwischen 1%
und 2,5% im Jahr. Nur Anfang der 70-er Jahre, als die Regierung des
sozialdemokratischen Kanzlers Willy Brandt die öffentlichen Ausgaben
stark erhöht hat, um die schwachen Schichten zu unterstützen, hat der
Wert der Mark um sieben Prozent abgenommen.
Am Samstag Morgen gehen die Bürger von
Ham zum Einkaufen, eines der letzten Wochenenden, an welchen sie mit der
DM bezahlen werden. „Ich lehne den Euro ab“, sagt Berta Breitenfeld, 82,
als sie den Gemüseladen verläßt. „Mir wird es schwerfallen, die neuen
Preise zu berechnen. Und außerdem wird der Wert des Geldes abnehmen.“
„Der Euro ist nichts für mich, ich
ziehe die Mark vor“, erklärt die 73-jährige Gertrud Wagner. „Deutschland
kann sich nicht auf die anderen Länder verlassen, die den Euro
übernehmen, denn das sind Länder, die nicht wirtschaftlich stabil sind.
Sie werden bewirken, dass das Geld seinen Wert verliert.“
Der Gemüsehändler, Karl-Heinz
Handwerk, 40, weiß, wie die Stimmung im Viertel ist. „95% der Leute hier
schimpfen auf den Euro. Ham ist eine große Familie, die einer Meinung
ist“, sagt er. „Viele Leute schauen sich den Wechselkurs an - einen Euro
für zwei Mark- und sie sind sicher, dass ihr Geld nur noch die Hälfte
wert ist, und dass sie überhaupt nichts dagegen tun können.“
Gertrud Wagner vergleicht zwischen der
Stimmung, die die Einführung des Euro begleitet, mit dem allgemeinen
Gefühl während der Währungsreform im Juni 1948. Damals wurde die
Reichsmark in den westlichen Zonen, die von den Amerikanern, Franzosen
und Briten besetzt waren, durch die DM ersetzt. „Wir waren
optimistisch“, sagt sie. „Damals hatten wir keine Angst wie heute. Wir
hatten das Gefühl, dass alles nur besser werden kann. Plötzlich gab es
wieder Ware in den Geschäften.“
Die Reichsmark hat ihren Wert
verloren, weil es sie im Überfluss gegeben hatte. Hitler hatte die
Anweisung erteilt, immer mehr auszugeben, um die Rüstungsindustrie zu
bezahlen. Noch vor der Kapitulation des Dritten Reichs konnte die
Währung ihre Funktion als Zahlungsmittel nicht mehr erfüllen. Nach der
Niederlage verwendeten die Deutschen Lebensmittelscheine, die von den
alliierten Truppen verteilt wurden, um einen blühenden Schwarzmarkt zu
betreiben, durch den sie sich in den Trümmern wirtschaftlich über Wasser
hielten. Sie kehrten zu Tauschgeschäften zurück, ein Hut für Butter,
eine Uhr für Milch.
„Das war eine Zeit, die nur die
Starken und Erfinderischen überlebten“, erklärt Helmut Posel, 85, ohne
einen Zweifel an der Tatsache zu lassen, dass er zu diesen gehörte. Als
Wehrmachtsoffizier vom Rang eines Hauptmanns hatte er an dem Versuch
teilgenommen, die UdSSR zu erobern. „Als ich nach Hause zurückkam, stahl
ich von der britischen Armee einen Wagenheber, den ich in eine Ölpresse
umbaute. Ich sammelte im Wald Beeren, aus denen ich Öl machte. Das war
ein sehr gutes Geschäft, ich wurde zu einem richtigen Großhändler.“
Im deutschen Kollektivgedächtnis ist
die Einführung der DM als Maßnahme notiert, die dem Dschungel des
Schwarzmarkts ein Ende setzte. Die neue Währung ebnete den Weg zurück in
ein normales Leben. Klara Breitenfeld kann sich noch an den 20. Juni
1948 erinnern, als jeder Bürger „Kaufgeld“ erhielt, in Höhe von 40 Mark.
„Ich habe mir für 30 Mark Pantoffeln gekauft, weil ich bis dahin barfuß
war“, erzählt sie. Helmut Posel ging mit seiner Frau in ein gutes
Restaurant zum Schnitzelessen. Er ist einer der wenigen in Ham, der die
Einführung des Euro begrüßt. „Der Euro ist ein Schritt vorwärts“, sagt
er. „Wenn wir nach Frankreich oder Belgien fahren, brauchen wir kein
Geld mehr zu wechseln.“
Die Mark verdankt ihre Stellung und
ihr Ansehen auch der Tatsache, dass sie als Hilfsmittel für wichtige
politische Prozesse gilt. Ihre Einführung erfolgte ein Jahr vor der
Gründung der Bundesrepublik. In der DDR ersetzte sie im Juli 1990 die
„Ostmark“. Die deutsche Einigung erfolgte jedoch erst am 3. Oktober
1990.
Nach dem Zusammenbruch des
kommunistischen Regimes mußten die Ostdeutschen lernen, was Geld in
einer kapitalistischen Gesellschaft bedeutet. „Jede Gesellschaft strebt
danach, ihre Quellen auf die ungerechteste Weise zu verteilen“, sagt
Wolf Biermann, 65. Biermann, ein Sänger, der in Hamburg geboren ist, ist
wegen seines unerschütterlichen Glaubens an den Kommunismus in den Osten
gezogen, wo er dann zum schärfsten Kritiker der SED wurde, die in der
DDR unter der Schirmherrschaft der UdSSR regierte. „Es dauerte einige
Zeit, bis die Ostdeutschen verstanden, dass die Rolle, die in ihrem
Staat die Privilegien der Partei gespielt hatten, in der
kapitalistischen Bundesrepublik das Geld spielt. Das war eine schwierige
und schmerzliche Lektion, und viele haben sie bis heute nicht
verinnerlicht. Das ist der Grund, warum so viele Ostdeutsche sich nach
den Tagen des kommunistischen Regimes zurücksehnen“, sagte Biermann.
Jetzt, 11 Jahre nach der Einführung
der DM im Osten, wird die Währung erneut gewechselt. In dem Viertel
Friedrichshain in Ostberlin führt Günther Frogel einen Laden, in dem er
„Praktika“ Fotoapparate verkauft, eines der wenigen ostdeutschen
Artikel, deren Qualität ihnen ein Überleben des Zusammenbruchs des
kommunistischen Regimes ermöglichte. Das kleine Geschäft ist nicht auf
die Umstellung auf Euro vorbereitet. Frogel hofft, dass die Kunden zum
Großteil mit Kreditkarte bezahlen werden. Da in deutschen Geschäften
jedoch zu 90% bar bezahlt wird, scheint dies eine übertriebene Hoffnung
zu sein.
Frogel hat bisher nichts unternommen,
um sich die neuen Scheine und Münzen zu besorgen. Er hat keine Ahnung,
was er tun soll, wenn er den Kunden Wechselgeld herausgeben muss, wenn
sie in der Übergangszeit zwischen dem 1. Januar und dem 28. Februar noch
mit DM bezahlen. „Vielleicht werde ich eine zweite Kasse einführen“,
sagt er und zuckt mit den Schultern.
Frogel hat sich nicht an die
Empfehlung der Regierung und der Banken an die Geschäfte gehalten. Im
Vorfeld der Einführung der Euro riefen die Behörden die Inhaber von
Geschäften auf, sich mit einer Summe in der fünffachen Höhe des
Wechselgelds, das sie normalerweise in der Kasse haben, auszustatten. Um
rechtzeitig Euroscheine und -münzen zu erhalten, hätte er sie schon im
September bestellen müssen. Frogel hat das nicht getan, obwohl
persönliche Initiative ihm sonst nicht fremd ist. Im Jahre 1964 erhielt
er von den ostdeutschen Behörden die Sondergenehmigung, ein privates
Geschäft zu betreiben, was im kommunistischen Regime eine Seltenheit
war.
Mit seiner Gleichgültigkeit gegenüber
dem Euro ähnelt Frogel dem Großteil der Bürger der neuen Bundesländer.
„Sie erwarten den Euro mit völligem Gleichmut“, sagt der Essayist
Friedrich Karl Fromme. „Der Traum der Bürger Ostdeutschlands war die
Bundesrepublik, Es war niemals ihr Ziel, ‘nach Westeuropa zu kommen’
oder die europäische Integration zu erzielen.“
Diese Einstellung hat sich seit der
Wiedervereinigung vor 11 Jahren nicht verändert. Die Gleichgültigkeit
dem Euro gegenüber steht im krassen Gegensatz zu der Begeisterung bei
der Einführung der DM im Osten, die die politische Einigung nach dem
Fall der Mauer am 9. November 1989 beschleunigte. Die Bürger des Ostens
strömten in Massen in den Westen, in das Paradies der stabilen Mark.
Ihre Parole lautete: „Wenn die Mark nicht zu uns kommt, kommen wir zur
Mark.“
In der ersten Hälfte des Jahres 1990
sind 15.000 Ostdeutsche in der Woche in den Westen gezogen. Dies führte
dazu, dass der damalige Kanzler, Helmut Kohl, der ostdeutschen Regierung
die DM aufzwang, um die Massenauswanderung zu stoppen.
Günther Frogel hat von dem
überstürzten Wechsel zur westdeutschen Mark nicht profitiert. Die
Kameras, die er verkaufte, waren im Osten ein Spitzenprodukt, aber die
Öffentlichkeit war an solchen Produkten nicht interessiert. Seit dem 1.
Juli 1990, dem Tag, an dem die Ostmark in die DM umgetauscht werden
konnte, zu einem Wechselkurs von 1:1, wollten alle nur noch westliche
Produkte kaufen. „Es verging über ein Jahr, bis die Ostdeutschen
begriffen hatten, dass es auch Produkte wie „Praktika“ gibt, deren
Qualität sich mit der westdeutscher Produkte durchaus messen läßt“,
erinnert er sich.
Die Bürger Ostdeutschlands suchen noch
immer ihren Platz in der kapitalistischen Gesellschaft, was sie daran
hindern könnte, an den bevorstehenden Wechsel zu denken. „Wir sind
Zeugen der Gefahr eines neuen Risses, der Deutschland in zwei Teile
spalten könnte. Die eine Gruppe von Menschen ist zur europäischen
Integration bereit, und die andere möchte noch etwas länger im Rahmen
eines nationalen und souveränen Staates verweilen,“ sagt Friedrich Karl
Fromme.
Der Lärm eines langen Zuges, der auf
abgefahrenen Geleisen vorbeifährt, dringt durch die Decke des
Klassenzimmers. In einer Schule im Zentrum Berlins treffen sich sieben
Frauen zu einem Schnellkurs in Sachen Euro. Sie wurden von ihrer Arbeit
als Kassiererinnen bei der Deutschen Bahn befreit, um den Kurs zu
besuchen. Ab dem 1. Januar müssen sie acht neuen Münzen und sieben
Scheine erkennen. Sie müssen auch lernen, wie Fälschungen erkannt werden
können. In den ersten Monaten müssen sie sowohl Euro als auch DM
annehmen. Die Leitung der Deutschen Bahn organisierte für ihre 18.000
Mitarbeiter, die in direkten Kontakt mit Bargeld kommen, zehnstündige
Kurse in kleinen Gruppen.
Die erste Lektion: Münzen. Die
Lehrerin zeigt Dias von den Euromünzen. Die Deutsche Bahn, eines der
größten Unternehmen in Deutschland, hat sich bereits mit Millionen Euro
ausgerüstet, aber es ist gesetzlich verboten, sie vor dem 1. Januar aus
den Tresors zu holen, selbst zu Studienzwecken. Die Behörden wollen
verhindern, dass Fälscher die Erkennungszeichen der neuen Währung
lernen, noch bevor sie zu einem legalen Zahlungsmittel wird.
Die Lehrerin beschreibt die hintere
Seite der Münzen, die in jedem Land, in dem sie geprägt werden,
verschieden sind. „Belgien ist sehr leicht“, sagt sie. „Der belgische
Euro trägt das Bild von König Albert II.“ „Wie phantasielos“,
kommentiert eine der Schülerinnen.
Die zweite Lektion: Scheine. Die
Lehrerin verteilt Broschüren mit Aufnahmen der Euroscheine. Die
Schülerinnen wundern sich. „So bunt“, sagt eine. Die Kassiererinnen sind
an die Markscheine gewöhnt, die einfach gestaltet sind, was für sie zu
einem Symbol für Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit wurde. Die
Euroscheine in ihren bunten Pastellfarben erscheinen ihnen künstlich.
Von Begeisterung kann bei dem ersten
Treffen mit der neuen Währung also nicht die Rede sein. Pflichterfüllung
wäre wohl eine bessere Definition. Wie manche von den Teilnehmerinnern
sagen: „Etwas Gutes kommt dabei sicher nicht heraus“. Martina, 29, nimmt
an, dass alles teurer werden wird. Ihre Freundin Elfriede, 51, fügt
hinzu: „Keiner hat uns nach unserer Meinung gefragt. Wir hätten eine
Volksbefragung zum Euro gewollt, wie in anderen Ländern.“ Hätte die
deutsche Regierung ein Referendum zum Euro durchgeführt, dann hätte
keine der sieben Angestellten der Deutschen Bahn für die Einführung der
europäischen Einheitswährung gestimmt.
Aus Meinungsumfragen geht hervor, dass
sie damit die Meinung eines Großteils der Deutschen vertreten. Den
Ängsten der Deutschen vor einem Wertverlust ihres Geldes und der
wirtschaftlichen Abhängigkeit von den anderen Euroländern, stehen die
Befürchtungen der Bürger dieser Staaten gegenüber, dass der EU die
deutsche Politik aufgezwungen werden, und der Euro zu einer direkten
Fortsetzung der Mark werden wird.
Die Augen von Mario Mankhaus strahlen.
Aus einem schlichten Umschlag holt er acht glänzende Münzen und sieben
glatte Scheine heraus, die von der breiten Öffentlichkeit noch nicht
berührt werden dürfen. 888 Euro und 88 Cent breitet er in einer lässigen
Handbewegung auf dem Tisch aus, so als möchte er sich der Illusion
hingeben, dass die Einführung einer neuen Währung eine Kleinigkeit ist.
Mankhaus, 32, organisiert den Übergang
zum Euro für die „Vereins- und Westbank“, eine angesehene Bank in
Norddeutschland, die 4500 Angestellte beschäftigt. Er koordinierte die
Verteilung von Millionen Euro an die 200 Zweigstellen der Bank,
überwachte die Umstellung der Computer, stellte 400 Aushilfskräfte
ein... und wies 400 Techniker an, die für den reibungslosen Betrieb der
Bankautomaten am 1. Januar zu sorgen haben. Schon seit einem Jahr ist er
mit dieser Aufgabe beschäftigt. „Es gibt viel Arbeit, aber ich freue
mich auf den Euro“, sagt Mankhaus. In unserer Karriere hat es kein
vergleichbares Ereignis gegeben und wird es auch nicht geben. Es gibt
jedoch auch einige Befürchtungen und Zweifel: Wird alles klappen und
wird alles rechtzeitig bereit sein?“
Die Antwort darauf wird sich in den
ersten Januartagen herausstellen. Dann wird ein Ansturm der Bürger auf
die Bankautomaten und die Zweigstellen erwartet. „Im Notfall werden wir
Zweigstellen schließen“, sagt Mankhaus.
Prof. Arndt Hochzermeier sieht dieses
Szenario für die meisten Banken Deutschlands voraus. Er ist Experte für
Business Administration und glaubt nicht, dass der Übergang zum Euro
leicht sein wird. In einer Forschungsarbeit, die er über die Einführung
des Euro in Deutschland durchgeführt hat, prophezeit er einen Mangel an
Bargeld und Wechselgeld in den Banken und Geschäften. „Der Großteil der
Bankautomaten wird in den ersten zwei Wochen keine Euro ausgeben,
Tankstellen werden schließen müssen, weil sie kein Wechselgeld in den
Kassen haben werden“, warnt er.
„Wenn die Politiker den Bürgern
erzählen, dass sie in der Nacht Euro aus den Bankautomaten ziehen
können, dann lügen sie. Daran zu glauben, ist völlige Dummheit. 6% der
Konteninhaber in Deutschland ziehen jeden Tag durchschnittlich 300 DM.
Man kann sich leicht vorstellen, was passieren wird, wenn 100% der
Bürger auf einmal Geld ziehen wollen.“ Deshalb sollten seiner Meinung
nach noch vor dem offiziellen Übergang zur neuen Währung Euro an die
Bürger verteilt werden, wie zum Beispiel in Holland.
Auch Mankhaus hätte diese Lösung dem
„großen Knall“ vorgezogen, aber er glaubt, dass die Bürger selbst einen
Zusammenbruch des Systems vermeiden können. Trotz aller Befürchtungen
glauben jedoch sowohl der Bankfachmann als auch der Professor, dass der
Euro ein Erfolg sein wird. Mankhaus: „Der Euro wird zur zweitwichtigsten
Währung der Welt werden, nach dem Dollar. Über 300 Millionen Menschen
werden dem Euroblock angehören. Viele anderen Staaten haben ihre
Währungen bereits dem Euro angepaßt, anstatt dem Dollar. Das beweist,
dass die europäische Währung schon heute großes Vertrauen genießt.“
Das Vertrauen der Bürger des Viertels
Ham in Hamburg hat der Euro jedoch noch nicht gewonnen. Dennoch haben
die Anwohner sich auf die Umstellung vorbereitet. „Wir haben 28.000 Euro
in einem Tresor im Schlafzimmer“, sagt Frau Heinrich, Inhaberin einer
Bäckerei. „Fünf mal so viel, wie wir sonst an Wechselgeld bereit
halten.“ In den nächsten Wochen wird die Bäckerei, wie viele andere
Geschäfte in ganz Europa, zu einem der zentralen Verbreitungszentren der
neuen Währung, und einer der letzten Stationen der Mark auf ihrem Weg
aus den Geschichtsbüchern werden.
haGalil onLine
03-01-2002 |