Skandal um die Naumann-Stiftung in Tel-Aviv:
Dr. Blanke zum Verhör geladen
Der Vertreter der FDP-nahen Naumann-Stiftung in
Israel steht unter dem Verdacht der „Förderung rassistischer
Aktivitäten“.
Die Jerusalemer Polizei vernahm
Anfang letzter Woche Dr. Burckhard Blanke, den Leiter der israelischen
Zweigstelle der Friedrich-Naumann- Stiftung, der unter dem Verdacht
steht, sich antisemitisch geäußert zu haben, und zwar in einer Art, „die
rassistische Aktivitäten fördert“.
Blanke berichtete der israelischen
Tageszeitung haArez, die Untersuchungsbeamten hätten behauptet, in
seinem Besitz befänden sich militärische Karten und Dokumente, die für
Terrororganisationen bestimmt sein könnten, zur Durchführung von
Terroranschlägen in Israel.
Die Ermittlungen gegen Blanke
begannen, nachdem bei der Jerusalemer Polizei Informationen eingegangen
waren, laut welchen er sich in der letzten Zeit in rassistischer Weise
gegen die Juden in Israel und wahrscheinlich auch gegen die Regierung
geäußert habe. Die Polizei befürchtete, dass hinter den Äußerungen
konkrete Absichten stehen, und deshalb wurde beschlossen, seine Wohnung
in Jerusalem zu durchsuchen. Bei der Durchsuchung, die vorgestern in der
Wohnung stattfand, und für die eine richterliche Anweisung vorlag,
wurden Karten und Zeitungsausschnitte gefunden, die die Mutmaßungen der
Polizisten verstärkten.
Unmittelbar nach der Durchsuchung
wurde Blanke in das Polizeirevier auf dem „Russischen Gelände“ in
Jerusalem vorgeladen, und dort, so sagt er, habe man ihn unter anderem
gefragt, ob die Dokumente, die in seiner Wohnung sichergestellt wurden,
an palästinensische Terrororganisationen zur Durchführung von Anschlägen
in Israel übergeben werden sollten. Bei dem gesamten Verhör war Frank
von Auer anwesend, ein Vertreter der Deutschen Botschaft in Israel, und
nach dem Verhör wurde Blanke entlassen und die Dokumente wurden ihm
zurückgegeben, nachdem sich kein Hinderungsgrund für den Besitz dieser
Dokumente finden ließ. Die Jerusalemer Polizei überprüft nun die
Einzelheiten, die sich aus dem Verhör ergeben haben, um zu beschließen,
ob irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden müssen, wie z.B. Ausweisung
oder ein gerichtliches Verfahren.
Blanke bestritt alle gegen ihn erhobenen
Beschuldigungen. „Ich habe mich in keinem Forum antisemitisch oder
rassistisch geäußert“, sagte er. „Ein einziges Mal habe ich Kritik an
der israelischen Regierung geübt, und das geschah im privaten Kreis. Ich
glaube nicht, dass ein demokratischer Staat wie Israel Personen verhört,
weil sie Kritik an der Regierung geübt haben.“ Er sagte, es könne sein,
dass die Dokumente, die in seiner Wohnung gefunden wurden, für
Palästinenser bestimmt waren, mit welchen seine Stiftung in Verbindung
steht. „Es kann sein, dass diese Dokumente für unsere palästinensischen
Kollegen bestimmt sind. Ich kann es nicht ausschließen, dass diese
Personen eventuell mit gewalttätigen Faktoren in Kontakt stehen“, sagte
er.
Blanke vermutet, die Durchsuchung und das Verhör seien
„der Versuch eines gewissen Teils der Regierung, den Israelbesuch des
FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle am kommenden Sonntag zu torpedieren.“
Aus dem Amt des Ministerpräsidenten wurde mitgeteilt, dort sei nichts
über die Ermittlungen gegen Blanke bekannt gewesen, und deshalb sei es
unwahrscheinlich, dass sie mit dem bevorstehenden Besuch Westerwelles
zusammenhingen.
Bevor er nach Israel kam, war Blanke Vertreter der
Naumann-Stiftung in anderen Ländern. Einige Stellen, die ihn kennen,
sagten, in letzter Zeit habe er öfters pro-palästinensische Haltungen
vertreten und gesagt, die Palästinenser müssten eine klarere Strategie
ausarbeiten. Die Stellen räumten jedoch ein, am Ausdruck seiner
politischen Meinungen habe sich nichts außergewöhnliches feststellen
lassen.
Die Friedrich-Naumann-Stiftung ist seit 1983 in Israel
tätig und ihr Jahresetat beläuft sich auf ca. 300.000 Euro. Die Stiftung
hält Seminare und Studientage ab und organisiert Delegationen von
Politikern, Öffentlichkeitsvertretern und Journalisten, die nach
Deutschland fahren. Auch die anderen Parteien Deutschlands haben
Stiftungen, die in Israel tätig sind.
haGalil onLine 26-05-2002 |