Totgesagt und totgepredigt:
Keine Vielfalt mehr in Israel?
Die Tendenz die israelische Friedensbewegung totzureden, wird
mittlerweile schon zum Frühstücksei andächtig zelebriert...
Offener Brief zur Morgenandacht,
gesendet am 15.03.02, 06:35 Uhr im Deutschlandfunk
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich war entsetzt und schockiert über diese
Morgenandacht von Frau S.Kirsch. Im heutigen Beitrag schilderte eine
christliche Geistliche aktuelle Vorgänge in den Palästinensischen
Autonomiegebieten. Es wurde über das Verhalten der israelischen Truppen
berichtet (ob diese Berichte aus 1. oder 2. Hand stammten, blieb
unklar).
Beschworen wurden Fernsehbilder von gefesselten
Gefangenen und es wurde der Eindruck vermittelt, dass es nur sehr wenige
friedliebende Ausnahmen unter den Israelis gäbe. Der gesamte Beitrag war
sehr emotional angelegt.
Selbstmordanschläge palästinensischer Attentäter auf
die Bevölkerungszentren Israels und der Schrecken, den diese in der
israelischen Zivilbevölkerung verbreiten, wurden gar nicht, auch nicht
einmal andeutungsweise, erwähnt, obwohl solche Vorgänge unzweifelhaft in
einer direkten Beziehung zu den aktuellen militärischen Handlungen, um
es ganz neutral zu formulieren, stehen.
Ich wundere mich darüber, dass der Deutschlandfunk
seine sonst so gute und ausgewogene Berichterstattung verlassen hat, und
unter dem Deckmantel einer Morgenandacht einer der Konfliktparteien so
deutlich das Wort redet und die andere so deutlich diskreditiert.
Qualitativ hätte dieser Beitrag in Ihrer politischen
Berichterstattung vermutlich keine Chance gehabt.
Bisher konnte ich Bekannten in Israel versichern, daß
entgegen deren Meinung, man berichte im Ausland nur anti-israelisch, die
Berichterstattung in Deutschland ausgewogen sei, und man versuche die
Motive beider Seiten darzustellen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, das ich nicht
morgens aufwachen möchte, und zusätzlich zu den vielen traurigen
Nachrichten eine einseitige Propaganda anhören möchte. Insbesondere hat
mich die Arroganz gestört, mit der hier - verschanzt hinter religiöser
Autorität - ganz subtil versucht wurde den Eindruck zu erwecken, die
eindeutige Mehrheit der Israelis wolle gar keinen Frieden und seien der
ganzen Gewalttaten, egal von wem und gegen wen sie begangen werden,
nicht müde.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Leiserowitz
info@leiserowitz.de
/
www.leiserowitz.de
haGalil onLine 15-03-2002 |