Ein bisschen spät, aber das
macht nichts.
DaSh von hagalil.com, mit Dank an Andrea.
Nichts persönliches:
Purim wie gewöhnlich
Von Thomas O’Dwyer,
Ha’aretz, 22.02.2002
„Es gibt ein bestimmtes Volk, das
ins Ausland vertrieben und unter die Völker in den Provinzen deines
Königreiches zerstreut wurde. Ihre Gesetze unterscheiden sich von denen
eines jeden anderen Volkes, und sie halten die Gesetze des Königs nicht;
deshalb ist es für den König nicht angebracht, dieses Volk zu
tolerieren.“
Diese Worte ähneln ein bisschen
denjenigen unserer rechtsgerichteten ministeriellen Rassisten, die diese
bezüglich der Araber und warum diese transferiert werden sollen, ins Ohr
von König Arik flüstern. Es gibt nichts neues unter der Sonne, wenn es
um das Böse geht. Ursprünglich war es der rassistische Minister Haman,
der diese Worte über die persischen Juden in das muschelförmige Ohr von
König Ahashverosh flüsterte.
Die Geschichte wiederholt sich selbst,
mit dem Unterschied, dass sie sich in verschiedenen Völkern ereignet. Im
Buch Esther gab der König das Schicksal des jüdischen Volkes in Hamans
Hand; dieser konnte tun, wie es ihm beliebte. Das ist wirklich
unheimlich. Die persischen Juden konnten sich glücklich schätzen, Esther
zu haben; unsere arabischen Cousins haben unglücklicherweise Arafat am
Hals. Die tägliche Talfahrt unserer Nation in einen hässlichen,
aggressiven Rassismus, in einen rechtsgerichteten Nationalismus und in
militärische Brutalität reicht aus, um einen zum Trinken anzuregen. Da
kommt Purim gerade richtig, um solch eine Pause einzulegen.
George Bernard Shaw sagte: „Der Kummer
mit den Juden ist der, dass sie zu viel denken und zu wenig trinken.“
Christen, die sich selbst nicht zu ernst nehmen, haben es immer
gefeiert, dass das erste Wunder, das der Gründer ihrer Religion bei
einer Hochzeit tat, die Verwandlung von Wasser in Wein war. Ein
französischer Weinbauer wird ganz gewiss auf dieses Wunder anstoßen und
wird erschaudern, wenn er darüber nachdenkt, für was der Name der
Regionen Champagne, Loire-Tal und Bordeaux-Gebiet stehen würde, wenn die
moslemische Invasion in Südeuropa erfolgreicher gewesen wäre. Vielleicht
für Datteln?
Der alte Shaw spiegelte die allgemeine
Auffassung wider, dass sich die Juden irgendwo zwischen den alkoholisch
unproduktiven Moslems und den Gin-durchtränkten Christen befinden. Das
Judentum bezieht sich eher aufs Essen, was sich in dem alten Witz über
das Wesen der jüdischen Feiertage widerspiegelt: „Sie haben versucht,
uns zu töten; wir haben gewonnen; lasst uns essen.“ Es ist klar, dass
Shaw mit dem talmudischen Erlass über das Feiern des Purimfestes nicht
vertraut war, nämlich so viel zu trinken, dass wir „den Unterschied
zwischen „Gesegnet sei Mordechai“ und „Verflucht sei Haman“ nicht mehr
kennen“. In der Erzählung des Wasser-Wein-Wunders deutet der christliche
Text den Segen des Alkohols nur an. Aber hier gibt es einen heiligen
Text von der Mutter der Religionen, der den feiernden Nachfolgern sagt,
sie sollen sich so sternhagelvoll besaufen als wären sie ein irischer
Bühnenschriftsteller bei der Premiere seines Stückes, gesponsort von
Guinness.
Es ist wohl wahr, dass die Juden bis
in heutige Zeiten nicht als soziale Trinker bekannt sind und noch
weniger als exzessive Trinker. Trotzdem trinken sie den ganzen jüdischen
Kalender über tröpfchenweise Alkohol. Bei all diesen Gelegenheiten ist
Trinken ein nüchternes Vergnügen, nur an Purim wird der Exzess gerühmt.
Jeder Shabbat beginnt mit dem Becher Wein, auch an Pessach und Tu
Bishvat wird Tropfen für Tropfen getrunken. Bei Christen wird mit Wasser
getauft; bei der Beschneidung schmecken die Lippen des Babys zum ersten
Mal Wein.
Die ganze Purim-Geschichte ist eine
Wein-durchtränkte Affäre und man könnte behaupten, wenn es die
Trinkgelage nicht gegeben hätte –an denen die Juden teilgenommen haben-
hätte der Ärger mit Haman gar nicht erst angefangen. Die Geschichte
beginnt damit, dass Ahashverosh eine einwöchige Party für seine Beamten
und Diener ausrichtete, bei der es „königlichen Wein im Überfluss“ gab.
Und sie endet damit, dass die Juden ihren Sieg feierten und verkünden
ließen, dass der 14. Adar in Zukunft jedes Jahr ein „Tag des Feierns und
des Frohsinns“ sein soll, was den Talmud dazu veranlasste, Trinken bis
zum Exzess zu verordnen. Denn wenn die Trunkenheit den Ärger
verursachte, kann sie auch den Tag retten. Als „das Herz des Königs vom
Wein fröhlich war“, befahl er Königin Vashti, sich vor allen nackt zu
zeigen. Alles, was sie tragen durfte, war ihre Krone. Als sie sich
weigerte, dies zu tun, wurde sie verbannt. Ihr Fall ebnete den Weg für
Esther, die nun Königin wurde. Und es war wieder eine Wein-Party, zu der
Esther Haman und den König eingeladen hatte, die zum Fall Hamans führte.
Beinahe jede Erklärung, die zu Purim
abgegeben wird, sagt aus, dass dies „eines der fröhlichsten Feiertage
des jüdischen Kalenders“ ist. Der Brauch der Kostümierung war fester
Bestandteil der Purimfeiern im Italien des 16.Jahrhunderts. Kostümbälle,
die ohne Zweifel von den Karnevalsfeiern der nicht-jüdischen Nachbarn
beeinflusst waren, wurden an Purim zu einer beliebten Ergänzung der
Feierlichkeiten. Heute sind es hauptsächlich Kinder, die sich
verkleiden. Kleine Esthers und Mordechais strömen durch Israels Straßen,
begleitet von einer wachsenden Anzahl von Ninja Turtles und in diesem
Jahr ohne Zweifel auch von Osama-bin-Ladens.
Purim (das im Gegensatz zu dem anderen
post-mosaischen Fest Chanukka von den Historikern als Tatsache belegt
wurde) könnte auch als frivole und possenhafte Feier des ernsthaften
Triumphes von Gut über Böse betrachtet werden. Die gesamte jüdische
Nation in Persien wurde vor der Vernichtung bewahrt. Doch trotz der
Tragödie und des Triumphes, die im Buch Esther zu erkennen sind, bleibt
es eine bizarre Geschichte über Wein, Frauen und das Spielen mit
Menschenleben wegen rassistischer Vorurteile. Das Buch ist das einzige
im Tanach, in dem der Name Gottes nicht genannt wird. Und Purim ist das
einzige jüdische Fest, das einen ausländischen Namen hat – „Pur“ ist
nicht hebräisch, sondern es ist das persische Wort für „Lotterie“. Es
wird „Fest der Lotterie“ genannt, denn der Tag, an dem die Juden sterben
sollten, wurde über das Los bestimmt. Dies ist ein unheimlicher Gedanke:
Purim - eine Leben-oder-Tod-Lotterie.
Wenn ich selbst von dem unbeschwerten
Purim Abstand halte –ohne natürlich jemandem die Freude zu missgönnen-
dann tue ich das wegen Purim 1996. An einem sonnigen Frühlingsnachmittag
weinte sich ein Kind, das ein weißes Tüllkleid trug und das Gesicht
strahlend rosa angemalt hatte, die Augen aus und klammerte sich neben
Ya’akov Agams Feuer-und-Wasser-Brunnen auf dem Disngoff-Platz in Tel
Aviv an einen benommenen Teenager. Der Geruch von Sprengstoff hing noch
in der Luft. Feuer und Wasser, Feuer und Tränen, Blut und Terror. Agams
Kunstwerk, das die Tel Aviver lieben oder hassen, hatte seine
Wunderlichkeit verloren und das Mädchen in weißem Tüll, das zwar
glücklicherweise unverletzt geblieben war, hatte seine Unschuld
verloren. Es war nicht die erste Explosion, deren Augenzeuge ich
geworden bin: es gab eine in Newry in Nordirland, die Zerstörung
Kyrenias auf Zypern durch die Türken und die Explosion, die den
Erziehungsminister in Beirut zerriss.
Aber weil es die Purimbombe der Kinder war und mein Tel Aviv, war es eine
neue Taufe aus Feuer und Tod. Es hatte Scuds und die Anschläge auf Busse
gegeben, also war Tel Aviv nicht sorglos und gutgläubig – aber ich bin
dabei nicht so nah vor Ort gewesen. Das donnernde Tosen änderte alle
folgenden Purimfeste ein für alle Mal. Man sagt, die Gewinnchancen
verringern sich, wenn sich die Gefahren, die man aus den Zeitungen
kennt, dem eigenen Bekanntenkreis und der Nachbarschaft nähern. Und dann
ist es Zeit, wirklich etwas zu unternehmen, egal, ob es sich dabei um
Aids, Autounfälle oder Terrorismus handelt. Journalisten leben von
Neuigkeiten, also müssen sie diese Regeln mit etwas anderen Augen
betrachten. Wir sind diesen Enthüllungen oft und oft zuerst ausgesetzt.
Als ich jedoch in den 70er Jahren das erste Mal einen Bombenanschlag
erlebte, war ich nur ein Tourist und der Film des schleudernden Wagens,
der im Zentrum von Newry zum Stehen kam, spielt sich immer noch in
Zeitlupe vor meinen Augen ab. Beim ersten Mal war es genauso wie bei
allen anderen Malen, die folgten – beißende Luft, gespenstische Ruhe,
ausbrechende Schreie und Rufe. Der Geruch des Todes kommt schneller als
der Rettungswagen.
Purim ist das Fest, das die Umkehr des Bösen in Richtung Errettung feiert.
Wir leben noch immer im Bösen – aber die Menschen brauchen eine Pause,
also lasst sie feiern. Während König Ariks Politik nackt auf dem Tisch
tanzt, warte ich persönlich auf Esther.
Schomrim al haChiukh:
Purim in Tel Aviv
Unter größten
Sicherheitsvorkehrungen fand heute in Tel Aviv eine öffentliche
Purim-Feier statt...
Peres mit Henkersstrick:
Purim in Hebron
Peres wird mit einem Henkersstrick um den
Hals und mit einer Pistole an der Schläfe durch die Altstadt geführt -
auch so wurde Purim gefeiert, radikale Siedler wählten diese
"Verkleidung" für ihren Umzug durch Hebron...
Finstere Drohungen
aus dem NS-Kabinett:
Lüge und Hass - auch zu Purim
Das Purimfest ist nach Mahler und
anderen NS-Propagandisten eine "finstere Orgie, ein blutiger Rausch in
dem das erwählte Hebräervolk bis in die heutige Zeit die Abschlachtung
seiner persischen Widersacher feiert"...
haGalil onLine 07-03-2002 |