MEMRI Special Dispatch – 04. Juni 2002
Aus einer ägyptischen Oppositionszeitung:
Der "Zorn der Deutschen" angesichts der israelischen
Politik
Die ägyptische Zeitung al-Ahali
veröffentlichte kürzlich einen Artikel der ägyptischen
Literaturkritikerin Farida Naqqash über die Stimmung in der deutschen
Öffentlichkeit angesichts der israelischen Politik. In ihrem Kommentar
für die Zeitung, die als Organ der linken Oppositionspartei Tagammu
gilt, beschreibt die Herausgeberin der renommierten Literaturzeitschrift
Adab wa Naqd (‚Literatur und Kritik’) die zunehmende Kritik an Israel,
die hinter vorgehaltener Hand in Deutschland immer lauter werde. Dabei
ginge es nicht nur um eine Kritik an der Besatzungspolitik, sondern auch
um die israelische Politik gegenüber Deutschland.
Der Kommentar, der am 22. Mai 2002 unter
dem Titel „Der Zorn der Deutschen“ erschien, appelliert an verstärkte
Bemühungen von arabischer Seite, diese Stimmung in der deutschen
Bevölkerung auszunutzen:
„Jeder Besucher des vereinigten
Deutschland kann nach kurzem Aufenthalt feststellen, dass es in der
Haltung des deutschen Volkes zum israelisch-zionistischen Konflikt
sowohl etwas offizielles wie auch etwas verborgenes gibt. Offiziell
vertreten sie das, was sie als Notwendigkeit eines politischen und
moralischen Gleichgewichts zwischen den Arabern und Israel beschreiben.
In dieser Hinsicht sind sie darauf auf, immer wieder das Existenzrecht
Israels zu bekräftigen. Insgeheim [aber] wird gesagt, dass die Araber
und besonders die Palästinenser Opfer einer neuen Form des Neonazismus
sind, der von Israel praktiziert wird.
Es gibt ein tiefsitzendes Gefühl, dass diese Existenz [Israels] eines der
Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges und der Rolle ist, die die Nazis
spielten, als sie die Verbrennungsöfen planten und eine Art Genozid an
den Juden begingen. So entstand der Mythos des Holocaust, dem noch immer
angehangen wird. Der zionistische Staat und jüdische Kreise in der Welt
erinnern uns täglich an dessen schreckliche Details. Diese Kreise wenden
sich immer noch gegen jede Art wissenschaftlicher Infragestellung der
Statistiken und der Realitäten des Holocaust, indem sie Denker und
Wissenschaftler, die es wagen, den Holocaust wissenschaftlich zu
diskutieren, ideell hinrichten.
Was dem französischen Denker Roger Garaudy zustieß, ist immer noch
gegenwärtig. Dieser wurde nach der Veröffentlichung seines Buches über
die Gründungsmythen der israelischen Politik verfolgt. Garaudy wurde
verurteilt, einer erstickenden Ausgrenzung ausgesetzt und des
Antisemitismus und des Hasses auf die Juden beschuldigt, obwohl er sehr
deutlich machte, dass er die Folter und Tötung auch nur eines einzelnen
Menschens ablehne. Was ist dann erst mit den Millionen, von denen er
anhand von Dokumenten belegte, dass es keine sechs Millionen waren?
Zudem waren es nicht alles Juden, sondern ausser ihnen Christen,
Zigeuner, Kommunisten, demokratische Kämpfer, Schwarze und Vertreter
aller Ethnien, die von der Naziphilosophie, die auf der Überlegenheit
der arischen Rasse beruht, als minderwertig und als unter dem
menschlichen Niveau angesehen wurden.
Während die Deutschen laut über die Naziverbrechen reden und sie
verurteilen, flüstern sie über die israelischen Nazi-Verbrechen und -
wenn sie ihrem Gesprächspartner vertrauen - über ihren tiefen Haß gegen
die Zionisten.
Der Grund hierfür ist offensichtlich. In Deutschland und ganz Europa sind
Interessens- und Mafiaorganisationen entstanden, die zugunsten Israels
Druck ausüben - egal ob dieser Staat im Recht ist oder nicht. Das
Judentum ist der Adressat dieser Interessen, die eine ungeheure Rolle in
den deutschen Finanzkreisen und den Medien spielen und ihre engen
Beziehungen zum internationalen Kapitalismus und zu den multinationalen
Firmen ausweiteten.
Diese zwei effektiven Werkzeuge – das Kapital und die Medien – erlaubten
es, den europäischen Völkern die historischen Tatsachen erfolgreich zu
verbergen, sie in die Irre zu führen und ihnen falsche Geschichten über
die Wirklichkeit dessen, was in Palästina geschehen ist, zu erzählen.
Während sie die deutschen Bürger mit den Nazis, deren menschenfeindliche
und rassistische Philosophie auch die des Zionismus ist, gleichsetzten,
nutzten sie die Schuldgefühle des deutschen Volkes gegenüber den Juden.
Das Ergebnis dieser Ausbeutung der Schuldgefühle waren
Wiedergutmachungen, die Deutschland an Israel zahlte und die seit der
Gründung des zionistischen Staates 80 Millarden Dollar umfassten.
Die normalen deutschen Bürger fragen – aber heimlich – nach der
Rechtmäßigkeit dieser Wiedergutmachungszahlungen, während sie das Gefühl
haben, dem Unrecht zweimal ausgesetzt worden zu sein: Das erste Mal, als
die Nazis sie beherrschten und das zweite Mal, als man sie für die
Wiedergutmachungszahlungen an Israel verantwortlich machte und diese von
ihren Gehältern abzwackte. Es gibt eine untergründige Wut, die eines
Tages explodieren muß, wenn sich konkrete Anläße ergeben.
Die Medien wie auch alle anderen heimischen arabischen Kräfte benötigen
eine deutliche Strategie in ihrem Umgang mit der Welt, um diese deutsche
Wut gegen die Israelis und für unsere Sache zu nutzen. Dies schon
deshalb, weil das arabische Kapital bis heute darin scheiterte, als
effektives Instrument in unserem Kampf gegen den Zionismus zu dienen.
In Deutschland gibt es Tausende nationaler Organisationen und Dutzende von
Parteien, Zeitungen, Printmedien, Fernsehen und Hörfunk, zu denen wir
Zugang finden könnten, um sie anzusprechen und auf der Grundlage
wechselseitiger Interessen feste Beziehungen zu errichten.
Es muß allen Seiten klar sein, dass wir Araber den Nazismus nicht
unterstützen und die Juden nicht als Juden anfeinden, und dass die
Parteien und Organisationen, die dies in unserer Vergangenheit getan
haben, meistens marginal waren.
Im Gegensatz dazu betrachten wir den Zionismus als Neonazismus, was auch
von ehrenwerten jüdischen Intellektuellen so gesagt wird. Auch wenn
diese in der Minderheit sind, müssen wir ihre Bemühungen für unsere und
jede andere gerechte Sache ebenso unterstützen wie die Bemühungen aller
ehrenhaften Menschen auf der Welt.“
eMail:
memri@memri.de, URL: www.memri.de
© Copyright 2002 by The Middle East Media Research Institute (MEMRI).
Alle Rechte vorbehalten.
haGalil onLine 04-06-2002 |